Fragwürdige Lösungsansätze für die Krise auf dem Alttextilienmarkt
Die aktuelle Krise auf dem Alttextilienmarkt stellt für die Entsorgungsverantwortlichen eine Herausforderung dar. Allerdings kursieren einige fragwürdige Lösungsansätze.
Lösungsvorschlag „Staatliche Soforthilfe“
Der bvse-Fachverband Textilrecycling (FTR) hält nach aktuellem EUWID-Bericht „sofortige Unterstützung“ in Form von „staatlichen Zuzahlungen an die Branche (für) dringend nötig“.
Diese Forderung verdeutlicht: das System der gewerblichen Sammlungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ist gescheitert. Nachdem die Branche seit Einführung des KrWG über diese Ausnahmeregelung von der Überlassungspflicht enorme Gewinne abgeschöpft hatte, die alternativ über die örE den Bürgern hätten zurückfließen können, können von der privaten Entsorgungswirtschaft aktuell offenbar die Kosten nicht mehr gedeckt werden und es wird eine staatliche Zuzahlung verlangt. Das Vorgehen entspricht dem Klischee, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren.
Da auch festzustellen ist, dass auch die Regelung des § 18 Abs. 6 Satz 1 KrWG in der Praxis nicht greift („Die zuständige Behörde kann bestimmen, dass eine gewerbliche Sammlung mindestens für einen bestimmten Zeitraum durchzuführen ist“), sollte die Privilegierung gewerblicher Sammlungen – mithin die Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 KrWG – ersatzlos gestrichen werden.
ÖrE als verlässliche Partner der EPR
Auch die aktuelle Krise zeigt wieder: auf kommunale Sammlungen ist dagegen Verlass. Folgerichtig ist es, bei der anstehenden Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für die Erfassung vollständig auf die örE zu setzen. Nur die kommunale Erfassung gewährleistet bundesweit eine haushaltsnahe Erfassung von Alttextilien von Dauer. Der Gesetzgeber ist aufgerufen, hier entsprechende Regelungen zu treffen.
Gemeinnützige Organisationen als Partner der Kommunen
Gemeinnützige Organisationen sind in der Praxis vielfach verlässliche Partner der Kommunen, und zwar sowohl in der Erfassung als auch in der Verwertung. Hier wäre es zunächst sehr hilfreich, wenn § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB erweitert würde. Dieser sieht bereits eine sog. Bereichsausnahme für „Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden“ mit der Folge vor, dass das Vergaberecht (des GWB und der darauf basierenden Verordnungen) nicht anzuwenden ist. Bis zu einer Änderung durch den Gesetzgeber bleibt die Beauftragung gemeinnütziger Organisationen mit kommunalen Entsorgungsleistungen kommunal- und vergaberechtlich eine Herausforderung. Wird diese erwogen, ist stets eine Einzelfallprüfung und -lösung erforderlich. Eine pauschale Lösung – auch interimsweise - durch Direktaufträge, wie sie gerade von interessierter Seite gefordert werden, verbietet sich.
[GGSC] berät Kommunen und kommunale Entsorger in allen abfall-, gebühren-, straßen- und vergaberechtlichen Fragestellungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben der Alttextilentsorgung. Ein Online-Seminar zum Thema findet am 25.09.2025 statt -> zum Seminar.