Deponie oder Dilemma? Zwischenlagerung von Klärschlammaschen
Ab 2029 greift für Kläranlagen die Pflicht zur Phosphorrückgewinnung. Nach aktuellem Stand werden voraussichtlich zu wenig Behandlungskapazitäten für die Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm-Monoverbrennungsaschen zur Verfügung stehen. Aktuell werden daher Möglichkeiten zur Zwischenlagerung und insbesondere auch die „temporäre Verwahrung“ der Aschen auf Deponien diskutiert. Deponiebetreiber in Deutschland zeigen sich grundsätzlich offen, doch zahlreiche ungelöste Fragen erschweren die praktische Umsetzung.
Vorgaben der Klärschlammverordnung und daraus resultierende Problemlage
Am 03.10.2017 war die Artikel-Verordnung zur Neuordnung der Klärschlammverwertung vom 27.09.2017 in Kraft getreten (BGBl. I 2017, S. 3465 ff.), welche zeitversetzt in Kraft tretende Änderungen der Klärschlammverordnung 2017 (AbfKlärV) beinhaltet. Für Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von über 100.000 Einwohnerwerten ab dem 01.01.2029 bzw. für Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von über 50.000 Einwohnerwerten ab dem 01.01.2032 ist bei Klärschlämmen mit einem Phosphorgehalt von 20 Gramm oder mehr je Kilogramm Trockenmasse die Phosphorrückgewinnung durchzuführen.
Aufgrund fehlender Behandlungskapazitäten für die Phosphorrückgewinnung zeichnet sich ab, dass auch Deponien für einen Übergangszeitraum eine „Lösung“ für die Zwischenlagerung sein könnten. Zwischen 2029 und 2034 sei mit einer zwischenzulagernden Menge von über 1,6 Mio. Tonnen zu rechnen, was einem Volumenverbrauch von 2,8 Mio. Kubikmetern entspreche. Nach derzeitigem Stand wird vermutet, dass der letztliche Abbau der zwischengelagerten Aschen von den Deponien sogar bis ins Jahr 2050 oder länger andauern kann.
Ausgestaltung der „rückholbaren Ablagerung“
Wie eine solche Ascheablagerung auf der Deponie ausgestaltet werden soll, ist noch offen und problematisch. Eine Rückholung / „urban mining“ der abgelagerten Asche von der Deponie ist nur solange möglich, wie der Lagerbereich nicht überschüttet wird. Denkbar erscheint eine solche Ablagerung daher nur auf Teilen der Deponie, welche sich bereits in einem schon weit verfüllten Zustand befinden, um das Deponievolumen bestmöglich auszuschöpfen. Unklar ist zudem, welche genehmigungsrechtlichen Anforderungen bestehen.
Daneben wird die Möglichkeit diskutiert, entsprechende (befristete) Langzeitlager Klasse II (für nicht gefährliche Abfälle) oder Klasse III (für gefährliche Abfälle) für die Klärschlämmaschen zu errichten. Solche Langzeitlager sind nur ausnahmsweise zulässig und unterliegen nach § 23 DepV den gleichen Anforderungen wie Deponien. Grundsätzlich erforderlich ist hierbei insbesondere, dass der endgültige Entsorgungsweg bereits bei Annahme auf der Abfalldeponie geklärt ist, wobei § 23 Abs. 6 DepV insoweit eine zeitlich auf fünf Jahre befristete Ausnahme von dieser Nachweispflicht vorsieht, wenn aus der Klärschlammasche Phosphor zurückgewonnen werden soll. Langzeitlager bedürfen zudem einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 8.14 der 4. BImSchV. Klärungsbedürftig ist außerdem, ob daneben eine Plangenehmigung oder. Änderung der Planfeststellung erforderlich ist.
Insgesamt erscheint das Verfahren zur Errichtung eines Langzeitlagers somit sehr aufwändig und zeitintensiv. Auch stehen den Deponiebetreibern wenig Flächen für die Langzeitlagerung zur Verfügung, was insbesondere die getrennte Lagerung der Aschen je Verbrennungsanlage erschwert. Als Alternative käme diesbezüglich auch die Nutzung von sonstigen Flächen mit abfallwirtschaftlicher Infrastruktur in Betracht, bspw. von Deponien in der Nachsorge-/Stilllegungsphase, Altlastenstandorte oder Konversionsflächen.
Technische und rechtliche Hürden
Der grundsätzlichen Bereitschaft der deutschen Deponiebetreiber zur Zwischenlagerung von Klärschlammaschen stehen noch eine Vielzahl technischer, genehmigungsrechtlicher und wirtschaftlicher Fragen gegenüber: Technisch erfordert die Lagerung dieser Aschen eine aufwändige Befeuchtung und Verfestigung, um die notwendige Standsicherheit zu erreichen und die geringe Schüttdichte macht Maßnahmen zum Setzungsausgleich erforderlich. Zudem ist eine kontrollierte Staubvermeidung notwendig, insbesondere bei Anlieferung und Rückholung. Die Rückholung selbst ist technisch anspruchsvoll und verlangt eine chargenweise, anliefererbezogene Lagerung. Auch der mengen- und anlagenidentische Rückbau sowie die Behandlung potenziell belasteter Sickerwässer stellen hohe Anforderungen.
Die Deponiebetreiber stehen damit vor einer komplexen Gemengelage aus betriebstechnischen Herausforderungen und rechtlichen Unsicherheiten. Um die Zwischenlagerung von Klärschlammaschen rechts- und betriebssicher zu ermöglichen, bedarf es klarer gesetzlicher und untergesetzlicher Vorgaben, standardisierter technischer Lösungen und einer abgestimmten Kommunikation zwischen Betreibern, Genehmigungsbehörden und Anlieferern.
[GGSC] unterstützt Deponiebetreiber und öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bei der rechtssicheren Umsetzung komplexer Entsorgungsprojekte – von der Genehmigung bis zur vertraglichen Ausgestaltung.
Co-Autorin: Ella Bergel
