Ausschreibung von Abfallsammelfahrzeugen – Losbildung und Vertragsvollzug in der Praxis
Bei der Beschaffung von Abfallsammelfahrzeugen steht der öffentliche Auftraggeber meist vor der Frage, ob er dafür Lose bilden soll. Neben der Bildung von Mengenlosen kommt auch die Aufteilung in Fachlose nach den einzelnen Fahrzeugkomponenten (insbesondere Fahrgestell und Aufbau) in Betracht. Alternativ dazu steht die einheitliche Vergabe von (mehreren) Gesamtfahrzeugen.
Erforderlichkeit und Absehen von Losbildung
Nach § 97 Abs. 4 GWB sind Leistungen aus Gründen des Mittelstandsschutzes grundsätzlich in Losen zu vergeben. Hiervon kann nur dann abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Hierzu lässt sich bei der Vergabe von Abfallsammelfahrzeugen in beide Richtungen argumentieren. Insbesondere die separate Vergabe von Fahrgestell und Aufbau bringt etliche problemanfällige Schnittstellen mit sich, was die Lösung aus einer Hand die in technischer Hinsicht einzig sinnvolle Variante erscheinen lassen könnte. Auch sind im Falle einer Losbildung regelmäßig zeitliche Verzögerungen zu erwarten, die mit Blick auf die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Abfallentsorgung im Einzelfall für eine einheitliche Vergabe sprechen können. Schließlich zeigt der Markt, dass auch mittelständische Unternehmen in der Lage sind, Gesamtfahrzeuge anzubieten. Sie können außerdem in der Regel zugleich mehrere Fahrzeuge anbieten, was sich wiederum gegen die Aufteilung in Mengenlose – zumindest von solchen mit einzelnen bzw. wenigen Fahrzeugen – anführen lässt. Gegen die Bildung von Mengenlosen spricht weiter, dass der Auftraggeber dadurch mehrere Ansprechpartner zu erhalten droht und dass Bedienung und Instandhaltung der Fahrzeuge besser mit einheitlichen Fahrzeugen möglich sind.
Beschaffungsgegenstand und Vertragsvollzug
Entscheidet sich der Auftraggeber gegen eine Fachlosaufteilung, ist Beschaffungsgegenstand ein Gesamtfahrzeug bestehend aus Fahrgestell und Aufbau. Der bezuschlagte Bieter ist alleiniger Vertragspartner für das gesamte Fahrzeug und zwar unabhängig davon, ob er selbst nur das Fahrgestell bzw. den Aufbau herstellt. Gewährleistungs- und Garantierechte richten sich dann allein gegen den Auftragnehmer, der nicht der Hersteller sein muss. Zugleich kann sich der Auftragnehmer dann aber nicht darauf berufen, dass sich ein Mangel oder Garantiefall auf ein von ihm nicht selbst hergestelltes Fahrzeugteil bezieht. Anders liegt der Fall naturgemäß bei einer fachlosweisen Aufteilung. Dort haftet jeder Auftragnehmer nur für das Fahrzeugteil, für das er auch den Zuschlag erhält. Darüber hinaus haftet grundsätzlich der mit der Endmontage beauftragte Auftragnehmer für die auf eine fehlerhafte Montage zurückführbaren Defekte.
Das Praxisbeispiel - der defekte Aufbau
Dazu ein Fall aus der Praxis: Ein örE schrieb die Lieferung eines Abfallsammelgesamt-fahrzeuges einschließlich dessen Reparatur aus. Das Fahrzeug wurde geliefert. Anschließend wurden bei einem Teil des Aufbaus Defekte offenbar. Der Auftragnehmer (Fahrgestellhersteller) weigert sich, den Aufbau zu reparieren. Der von [GGSC] beratene örE als Käufer vertritt den Standpunkt, dass der Auftragnehmer für die Reparatur auch des Aufbaus verantwortlich ist, zumal hier die Reparatur ausdrücklich mitausgeschrieben war. Hier tritt hinzu, dass der Unterauftragnehmer (Aufbauhersteller) grundsätzlich bereit gewesen wäre, den Aufbau unentgeltlich zu reparieren. Da aber eine vorgesehene Erstinspektion nicht durchgeführt worden sei, verweigert er dies nun. Aus der unterbliebenen Inspektion können dem örE aber keine Nachteile erwachsen. Ein Inspektionserfordernis war weder Teil des Angebotes noch der Vergabeunterlagen noch wurde es dem örE später ausdrücklich mitgeteilt. Außerdem rührt es allein aus einer – für den örE unbeachtlichen – Vereinbarung zwischen Auftragnehmer und Unterauftragnehmer her.
[GGSC] berät öffentliche Auftraggeber regelmäßig bei der Beschaffung von Abfallsammelfahrzeugen und dem sich anschließenden Vertragsvollzug.