Newsletter Abfall September 2020

Bereitstellung Abfallbehälter und Rückwärtsfahrt

Schmale Straßen und Wege ohne Wendemöglichkeit stellen immer wieder eine Herausforderung an die Organisation der Abfallabfuhr. Im Einzelfall bietet sich die Bereitstellung der Abfallbehälter an einem abweichenden Standplatz an. Für entsprechende Anordnungen gegenüber den Abfallbesitzern bedarf es einer geeigneten Satzungsgrundlage und der Beachtung des Verwaltungsverfahrensrechts.

Umfangreiche Rechtsprechung zu Befahrbarkeit und Bereitstellungplätzen

Die Rechtsprechung geht seit geraumer Zeit davon aus, dass Abfallentsorgungssatzungen in Umsetzung der landesrechtlichen Vorschriften zu Art und Weise, Ort und Zeit der Überlassung auch Grundlagen für die Anordnung von Behälterstandplätzen enthalten können. Einen Grund für die Anordnung eines gesonderten Stellplatzes kann dann die fehlende Befahrbarkeit im Einklang mit berufsgenossenschaftlichen Vorgaben und Regeln bieten. Einen entsprechenden Fall hatte auch das VG Freiburg kürzlich in einem Eilverfahren zu entscheiden (Beschluss vom 25.6.2020, Az.: 4 K 1732/20).

Häufiger Grund: Nichteinhaltung berufsgenossenschaftlicher Vorgaben

Auch dort stellte das Gericht maßgeblich darauf ab, dass bei der grundstücksnahen Abholung und Leerung der Behälter mangels Wendemöglichkeit und damit erforderlicher Rückwärtsfahrt die Sicherheitsvorschriften nach Berufsgenossenschaftlichen Regeln der Deutschen gesetzlichen Unfallversicherung (§ 16 Nr. 1 DGUV Vorschrift 43, § 7 Abs. 1 DGUV Vorschrift 44) nicht eingehalten werden könnten. Auch nach den Abschnitten 3.1 und 3.8 der DGUV Regel 114-601 (Branche Abfallwirtschaft Teil I: Abfallsammlung) vom Oktober 2016 seien Rückwärtsfahrten bei (Müll-)Sammelfahrten zu vermeiden. Eine Möglichkeit zur Vermeidung von Rückwärtsfahrten biete die Einrichtung von Bereitstellungsplätzen.

Dokumentation des Einzelfalls und Verhältnismäßigkeit

Anhand von ausführlicher bildlicher Dokumentation der Straßengegebenheiten konnte der Aufgabenträger darstellen, dass jedenfalls in Teilen des Weges erhebliche Zweifel an der Durchführbarkeit einer Rückwärtsfahrt bestanden: Wegen seiner geringen Fahrbahnbreite von teilweise nur 3,20 m sei der Weg nicht ohne Gefährdung anderer befahrbar. Selbst eine 3,50 m breite Straße erlaube nach Auffassung des VG sowie weiterer Gerichte grundsätzlich keine Rückwärtsfahrt mit einem Müllfahrzeug. Die Entscheidung für einen Bereitstellungsplatz wurde vom VG schließlich in Anbetracht des legitimen Zwecks, Unfälle mit Sach- und Personenschäden vorzubeugen, auch für verhältnismäßig erachtet: Die Betroffenen mussten sich soweit ersichtlich auf die neuen Bedingungen nicht erst aufwändig einstellen; individuelle persönliche Umstände, welche die Nutzung des Behälterstellplatzes erschweren, seien grundsätzlich unbeachtlich. Auf den oft angeführten Umstand, die Fahrzeuge würden in anderen Straßen rückwärtsfahren, kommt es schließlich ebenfalls nicht an: Das VG betont, dass sich die rechtliche Beurteilung ausschließlich auf den jeweiligen Sachverhalt beziehen muss.

Der Umgang mit dem Rückwärtsfahrverbot bei der Abfallsammlung ist regelmäßig Gegenstand der Beratungspraxis von [GGSC]. Insbesondere berät [GGSC] Aufgabenträger bei der Satzungsgestaltung wie auch der Erarbeitung von entsprechenden Bescheiden. [GGSC] vertritt auch Kommunen regelmäßig in verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen zu Mitwirkungs- und Überlassungspflichten.

Weitere Artikel des Newsletters

Wie ist die Irrelevanzschwelle zu berechnen und wann bestehen gegen einen Sammler Bedenken gegen die Zuverlässigkeit? Diese beiden Fragen stehen im Zentrum der nun vorliegenden Urteilsgründe der Revision, die [GGSC] für eine bayerische Kommune eingelegt und vertreten hatte (vgl. bereits Abfall Newsl...
weiter
In der Juli-Ausgabe unseres Newsletters hatten wir die Praxisprobleme allgemein im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen in der Abfallbewirtschaftung beleuchtet. Im vorliegenden Beitrag befassen wir uns näher mit den Problemen bei der Einstufung von Abfällen (Abfall Newsletter Juli 2020).
weiter
Die sogenannte „EU-Plastiksteuer“ soll ab 2021 eine neue Bemessungsgrundlage für Beiträge der EU-Mitgliedstaaten zur Finanzierung der EU sein. Offen ist, ob und wie sie auf nationaler Ebene zu einer Bepreisung von Kunststoffabfällen führen wird.
weiter
Am 10.09.2020 findet ein Online-Seminar zu Straßenreinigungsgebühren statt. Rechtsanwältin Katrin Jänicke und Rechtsanwalt Dr. Manuel Schwind von [GGSC] stellen die rechtlichen Grundlagen und die aktuelle Rechtsprechung zu der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren dar.
weiter

Veranstaltungen

2023
28
Sep

Am 1. August 2023 tritt die sogenannte „Mantelverordnung“ in Kraft – mit der neuen Ersatzbaustoffverordnung (EBV), der vollständig novellierten Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) und Änderungen im Deponierecht. Das Seminar richtet sich an alle, die mit mineralischen Abfällen – wie Bauschut...

ORT: Online-Seminar
VERANSTALTER: [GGSC] Seminare
Zur Website der Veranstaltung
2023
14 15
Sep

Wer in der Stadteinigung tätig ist, weiß um die Vielfältigkeit der Aufgabe. Die Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit nehmen zu. Politik, Handel und Bürger fordern mehr Sauberkeit und gleichzeitig Gebührensenkungen. Weil die Betriebe zunehmend unter Leistungsdruck stehen, benötigt die Stadtsauberk...

ORT: Präsenzveranstaltung - Ort siehe Programm
Zur Website der Veranstaltung
2023
14
Sep

Abstimmungsvereinbarungen bedürfen immer wieder der Erneuerung – und der Optimierung. Auch zum Jahresende 2023 laufen an vielen Orten Abstimmungsvereinbarungen aus oder werden gekündigt. Kommunen werden im Weiteren über neue gemeinsame Vertreter informiert, die künftig Verhandlungspartner sein werde...

ORT: Online-Seminar
VERANSTALTER: [GGSC] Seminare
Zur Website der Veranstaltung
2023
25
Apr
Abfall Vergabe Kommunal

Entsorgungsvergaben 2023

Praktiker werden derzeit nicht nur durch vergaberechtliche Formalien und materielle Grundsätze beansprucht, sondern vor allem durch ein schwieriges Marktumfeld einerseits und die Coronakrise sowie den Ukraine-Krieg andererseits herausgefordert. Dies betrifft bei Entsorgungsvergaben vor allem den Sek...

ORT: Online-Seminar
VERANSTALTER: Akademie Obladen
Zur Website der Veranstaltung
2023
20
Apr
Abfall Kommunal

Update Abfallgebühren

Aktuelle Urteile der Rechtsprechung mit Tragweite. Auswirkungen steigender Kraftstoffpreise. Update mit den wichtigsten Entwicklungen. Erfahrungsaustausch Gebührenpraxis.

ORT: Online-Seminar
Zur Website der Veranstaltung
2023
28 29
Mär

Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) hat der Gesetzgeber beschlossen, die Müllverbrennung ab 2024 in den nationalen Emissionshandel einzubeziehen. Bereits in diesem Jahr müssen die Unternehmen der Abfallwirtschaft nun entsprechende Überwachungspläne erste...

ORT: Online-Seminar
Zur Website der Veranstaltung
2023
15
Mär
Abfall Kommunal

Einwegkunststofffonds

Der Einwegkunststofffonds nimmt die Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte finanziell in die Pflicht. Sie müssen sich künftig an den Kosten des Littering, der Behandlung der Abfallprodukte und an Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit beteiligen. Das Einwegkunststofffondsgesetz soll zum 01.01.2...

ORT: Online-Seminar
Zur Website der Veranstaltung
2023
14
Mär

Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erheben für die Leistungen der Abfallentsorgung Gebühren, die regelmäßig Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Überprüfung sind. Das Seminar hat das Ziel auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung Hinweise zu der gerichtsfesten Ausgestaltung der Abfallg...

ORT: Online-Seminar
Zur Website der Veranstaltung