Bayerischer Verwaltungsgerichtshof: Kein Unterdeckungsausgleich ohne Vorauskalkulation
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt, dass die in Art. 8 Abs. 6 Satz 2 BayKAG enthaltene grundsätzliche Verpflichtung zum Ausgleich von Unterdeckungen voraussetzt, dass die Gemeinde oder der sonstige kommunale Einrichtungsträger für den Zeitraum, in dem eine Kostenunterdeckung eingetreten ist, eine Kalkulation durchgeführt hat (Beschluss vom 16.05.2025, Az.: 4 CS 25.564).
Sachverhalt
Eine bayerische Gemeinde hatte die Abwassergebühren im Zeitraum 2021–2024 nicht auf der Grundlage einer Vorauskalkulation ermittelt, sondern die in einem Vorjahreszeitraum (2015–2018) geltenden Gebührensätze lediglich fortgeschrieben. Für die Jahre ab 2025 wurden die Gebühren wieder kalkuliert. In der Gemeinderatssitzung lehnte der Gemeinderat den Vorschlag der Verwaltung ab, in der Gebührenkalkulation ab 2025 Kostenunterdeckungen auszugleichen, die in den Vorjahren (für die keine Vorauskalkulation vorlag) entstanden sind.
Das Landratsamt war der Auffassung, die Gemeinde sei zum Ausgleich der Unterdeckung verpflichtet. Es erließ einen verpflichtenden Bescheid und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte die aufschiebende Wirkung der (gegen den Bescheid des Landratsamtes gerichteten) Klage in zweiter Instanz wiederhergestellt.
Entscheidung
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof betont in seinem Beschluss vom 16.05.2025 zwar, dass das Bayerische Kommunalabgabengesetz (BayKAG) keine Verpflichtung für kommunale Einrichtungsträger vorsieht, Benutzungsgebühren auf der Grundlage einer Vorauskalkulation zu bemessen. Die Pflicht zum Ausgleich von Kostenunterdeckungen bestehe nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 6 Satz 2 BayKAG allerdings nur, wenn es einen „Bemessungszeitraum“ gebe, in dem Kostenunterdeckungen entstehen können. Ein „Bemessungszeitraum“ liegt dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zufolge allerdings nicht in den Fällen vor, in denen Gebührensätze lediglich fortgeschrieben, d.h. nicht im Wege der Vorauskalkulation ermittelt werden. Denn nach Art. 8 Abs. 6 Satz 1 BayKAG setzt die Gebührenbemessung voraus, dass die Gemeinde die voraussichtlichen Kosten für einen ein- bis vierjährigen Zeitraum berücksichtigt und somit kalkulatorische Erwägungen anstellt.
Folgen für die Praxis
Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist zur bayerischen Rechtslage ergangen und somit nicht ohne Weiteres auf andere Bundesländer übertragbar. Zu beachten ist, dass es nach den Kommunalabgabengesetzen anderer Bundesländer bereits zur (unheilbaren) Unwirksamkeit einer Gebührensatzung führen würde, wenn die in der Satzung enthaltenen Gebührensätze nicht auf einer ordnungsgemäßen Vorauskalkulation beruhen. Sprechen Sie uns bei Bedarf gerne an!