Newsletter Abfall Mai 2021

Verpackungsgesetz: GroKo lässt örE wieder hängen

Der Bundestag wird in dieser Woche über eine Novelle des Verpackungsgesetzes beraten. Es liegt der „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen“ vor.

 Das wäre eine Gelegenheit (gewesen), auch ein Thema anzugehen, das im Verpackungsgesetz eine völlig unzureichende Ausgestaltung erfahren hat und seit mehreren Jahren vielfältigen Streit zwischen den örE und den Systembetreibern hervorruft: es geht um die PPK-Mitbenutzungsentgelte!

Konsensfalle statt Handlungsfähigkeit 

Das Einsammeln der PPK Verkaufsverpackungen wird bekanntlich weithin von den örE im Rahmen der bestehenden kommunalen PPK-Erfassungssysteme miterledigt. Die Frage der angemessenen Mitbenutzungsentgelte war ein Dauerstreitthema schon zu Zeiten der Verpackungsverordnung. Der Gesetzgeber des Verpackungsgesetzes war aufgerufen, hier praktikable Regelungen zu schaffen. Das ist nicht gelungen: Die örE haben zwar das Recht, die Mitbenutzung der kommunalen Sammelstrukturen zu verlangen und sie können für die Entgelte die Bestimmung nach Masse- oder Volumenanteilen vorgeben - aber nur im Rahmen einer Abstimmungsvereinbarung (§ 22 Abs. 4 Satz 1). Der Schein eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs der örE wird durch die Verpflichtung auf eine Abstimmungsvereinbarung mit den Systemen offenkundig: Wir haben keine Rechtsanwendung, sondern ein Schachern wie auf dem Basar!

Quersubventionierung ist unzulässig 

Das bestehende Verpackungsgesetz drängt die örE in eine ungesetzliche Praxis. Die kommunale PPK-Sammelstruktur ist Teil der Daseinsvorsorge und der öffentlichen Einrichtung Abfallentsorgung der Kommunen, deren Benutzung für die Bürger:innen gebührenpflichtig ist. Die Mitbenutzung für die Systeme entspricht aktuell nicht den gleichen gebührenrechtlichen Anforderungen, sondern wird ausgehandelt. Wenn der kommunale Anteil ordnungsgemäß festgesetzt wird, welcher Spielraum besteht dann für die Festlegung der Kosten für die Systeme bei der Mitbenutzung ein und derselben Altpapiertonne? Oder anders: Jedes Zugeständnis an die Systeme ist eine unzulässige Quersubventionierung zulasten der Gebührenzahler:innen. Weshalb versteht sich der Gesetzgeber hier nicht auf eine Korrektur? Wo ist es eigentlich den Bürger:innen erlaubt, eine Einrichtung zu nutzen und über die Benutzungsentgelte jahrelang zu diskutieren? Und warum können nicht auch die Systeme auf eine Überprüfung kommunaler Gebührenerhebungen durch die Verwaltungsgerichte verwiesen werden?

Klare Gebührenregelung statt beständiges Wegducken

Die Vorgabe des Aushandelns der PPK- Mitentsorgungsentgelte hat sich in der Praxis nicht bewährt. Es ist für die örE mit einem unverhältnismäßigen Aufwand und einem häufigen Verzicht auf die Vergütung der tatsächlichen Kosten verbunden. Aber die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen der CDU/CSU und SPD verweigern sich einer gesetzlichen Regelung. Der VKU hat eine gebührenrechtliche Regelung - als Kompromissvorschlag- nicht an den Anfang, aber erforderlichenfalls zur Konfliktlösung als Ergänzung von § 22 Abs. 4 VerpackG formuliert:

„Kommt eine Einigung über das angemessene Entgelt für die Mitbenutzung nach Satz 1 im Rahmen der Abstimmung bis zum Abschluss eines Rechnungsjahres nicht zustande, ist der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger berechtigt, das nach den Sätzen 4 bis 6 kalkulierte Entgelt gegenüber den Systemen festzusetzen; die Sätze 7 und 8 finden keine Anwendung.“

Der VKU führt an, dass die Corona-Pandemie einen wirtschaftlichen Trend der letzten Jahre nochmals deutlich verstärkt hat: das rasante Wachstum des Online- bzw. Versandhandels. Der Online-Handel gehöre zweifellos zu den Profiteuren dieser Krise. Bei den kommunalen Entsorgungsbetrieben mache sich dieser Trend jedoch insbesondere in Form steigender Sammelkosten für die Papierabfälle („blaue Tonne“) bemerkbar: die Kartonagen verbrauchen viel Platz in den Sammelbehältern, werden neben die Tonnen gestellt und verzögern den Sammelvorgang. Nach Untersuchungen des VKU machen sie inzwischen einen Volumenanteil von ca. 70 Prozent aus. Der VKU legt dar:

„Eigentlich stellt das geltende Verpackungsgesetz bereits ein Instrument zur angemessenen Beteiligung der Inverkehrbringer der Kartonagen an den Sammelkosten bereit: das Mitbenutzungsentgelt nach § 22 Abs. 4 VerpackG, das nach gebührenrechtlichen Maßstäben zu kalkulieren ist und dabei auch das Volumen der Kartonagen zugrunde legen kann. Dieses Entgelt ist jedoch derzeit in eine vertragliche Vereinbarung eingebunden (sog. „Abstimmungsvereinbarung“), deren Abschluss in zahlreichen Kommunen aktuell am Streit um das angemessene Mitbenutzungsentgelt scheitert. Obwohl flächendeckende Abstimmungsvereinbarungen von allen dualen Systemen abgeschlossen werden müssen, kann dieser nicht rechtskonforme Zustand von den Behörden nicht wirksam sanktioniert werden“.

Wie es aussieht, kommt der VKU mit seinem Vorschlag nicht durch, vielmehr wird das Verpackungsgesetz nur insoweit novelliert, als es eine Umsetzung von EU-Recht erfordert. 

BMU verweigert Vorschlag für Gesetzesänderung 

Das BMU macht nichts, weil man dem Vernehmen nach aktuell im Bereich Verpackungsgesetz keine politischen Auseinandersetzungen haben will. Es wird auf die im Verpackungsgesetz an verschiedenen Stellen verankerten Bestimmungen zum Monitoring und zur Evaluation verwiesen, die in einigen Jahren anstehen. Welche Evaluation ist im Bereich Streit um PPK Mitbenutzungsentgelte denn noch erforderlich? Würden die örE nichts vielerorts nach dem Motto verfahren, der Klügere gibt nach, würde das Verpackungsgesetz eine unhaltbare Pattsituation heraufbeschwören. Am Ende sind die Bürger:innen das Ventil und zwar als gebeutelte Gebührenzahler:innen und als doppelbelastete Konsument:innen. Das hätte natürlich auch die vom VKU angefragten Regierungsfraktionen auf den Plan rufen müssen.

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