Newsletter Abfall September 2019

Weniger ist häufig mehr – keine Zuschlagsfähigkeit bei unzureichenden Kapazitäten

Ein Bieter kann sich nicht auf eine mangelhafte Beschreibung des Auftragsgegenstandes berufen, wenn er bei der Kalkulation seines Angebotes nicht die Vorgaben der Vergabeunterlagen zugrunde legt und dies zur Folge hat, dass sein Angebotspreis diejenigen seiner Mitbewerber um ein Vielfaches übersteigt.

Bewirbt sich der Bieter zudem auf alle ausgeschriebenen Lose, obwohl er nur Kapazitäten für zwei der vier Lose hat, ist keines seiner Angebote zuschlagsfähig (VK Brandenburg, Beschluss vom 17.05.2019 – VK 3/19).

Bieter muss Anforderungen der Leistungsbeschreibung sorgfältig durchsehen

Indem von der Vergabekammer zu beurteilenden Vergabeverfahren, hatte der Auftraggeber Leistungen der Baumkontrolle an Autobahnmeistereien in vier Gebietslosen ausgeschrieben. Für die Waldkontrolle enthielt das Leistungsverzeichnis die klare Vorgabe, dass diese in Form von sog. „Beobachtungsfahrten“ aus dem langsam fahrenden Auto heraus durchzuführen war.

Der Antragsteller sah sich jedoch nicht veranlasst die Vergabeunterlagen „Wort für Wort“ durchzusehen und kalkulierte daher im Vertrauen auf seine Fachkenntnis mit einer fußläufigen Einzelbaumkontrolle. In der Konsequenz lag sein Angebotspreis erheblich über denen der übrigen Mitbewerber. Im Nachprüfungsverfahren rügte der Antragsteller den Ausschluss seines Angebotes. Die Vergabestelle habe die Preisdifferenz zwischen seinem Angebot und denen der Mitbewerber nicht hinreichend aufgeklärt, ferner sei er von der Vergabestelle nicht auf seinen Kalkulationsfehler aufmerksam gemacht worden. Zudem könne eine Baumkontrolle nicht im bloßen Vorbeifahren auf der Autobahn durchgeführt werden.

Kalkulation auf der Grundlage der Leistungsangaben Verantwortungssphäre des Bieters

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Insbesondere liege kein Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung vor.

Nach der Spruchpraxis ist die Beschreibung des Auftragsgegenstandes so transparent und eindeutig zu beschreiben, dass sie für alle Unternehmen im gleichen Sinne verständlich ist und die Angebote miteinander verglichen werden können. Ob der Auftraggeber diesen Anforderungen genügt, ist aus der Perspektive des objektiven Empfängerhorizonts potenzieller Bieter zu beurteilen. Dabei wird auf den Durchschnitt der fachkundigen Bieter abgestellt und nicht auf die Sichtweise eines einzelnen Bieters. Vorliegend sei für den Antragsteller klar erkennbar gewesen, wie die Kontrolle der Waldbestände durchgeführt werden sollte. Die Vergabekammer stellte hierzu klar, dass es in der Verantwortungssphäre des Bieters liege, die Vergabeunterlagen vollständig und aufmerksam durchzusehen.

Bei fachlichen Bedenken an den Vorgaben der Leistungsbeschreibung: Rüge

Habe der Antragsteller gegen Vorgaben in den Vergabeunterlagen fachliche Bedenken, so seien diese mit einer Bieteranfrage oder Rüge vor der Angebotsabgabe zu klären. Hierauf habe der AS verzichtet, sodass sein Angebot wegen fehlender Wirtschaftlichkeit zurecht ausgeschlossen werden konnte.

Kein zuschlagfähiges Angebot bei fehlender Kapazität

Gibt ein Bieter zudem Angebote auf alle ausgeschriebenen Lose ab, obwohl er nur über Kapazitäten für zwei der vier Lose verfügt, ist keines seiner Angebote zuschlagsfähig. Andernfalls würden nach Auffassung der Vergabekammer vergaberechtliche Vorschriften umgangen, nach denen der Zuschlag auf vollständige Angebote eines die Zuschlagskriterien erfüllenden Bieters zu erteilen ist.

Kann der Bieter im Falle der Zuschlagserteilung nicht alle gebotenen Lose bedienen, hat er sich bei der Angebotsabgabe auf die Losanzahl zu beschränken, die er abzuleisten in der Lage ist. Für den Auftraggeber ergäbe sich ansonsten eine Wahlfreiheit, die wettbewerbswidrige Manipulationen zu Lasten von Mitbewerbern zuließe. Der Preis als Zuschlagskriterium ist daher weiterhin nicht für eine Gruppe von Losen oder in ihrer Kombination zu werten, sondern für jedes Los einzeln zu betrachten. Die Addition einzelner Lose zu einem Gesamtpreis ist damit weiterhin unzulässig.

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