Newsletter Abfall September 2019

VK Bund zur HOAI - Verbot der Preiswertung bei gleichzeitig anteilig festen Preisvorgaben?

 

Aus dem Urteil des EuGH vom 04.07.2019 zur HOAI folgert die Vergabekammer Bund, dass es öffentlichen Auftraggebern verboten sein soll, „die EU-rechtswidrigen“ Vorschriften der HOAI bei der Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen anzuwenden, wenn der Preis Zuschlagskriterium sein soll (B. v. 30.09.2019, VK 2-60/19).

Fall

Bestandteil des ausgeschriebenen (Planer-) Vertrages waren u.a. die Anlagen 5 bis 7 mit Details zur Honorarermittlung nach den Maßgaben der HOAI. Ca. 35 % des Gesamthonorars, festgelegt durch die Tafelwerte der HOAI. Gleichzeitig war als Zuschlagskriterium mit einem Gewicht von 30 % der Preis angesetzt worden, 70 % entfielen auf qualitative Kriterien. Weil der überwiegende Teil der Leistungen (ca. 65 %, s.o.) außerhalb der HOAI zu bepreisen war, sah die Vergabestelle die gewählte Vorgehensweise als unkritisch an.

Dass die „HOAI-Preise“ sich im Ergebnis nicht auf die Gesamtsummen ausgewirkt hatten, war von der Vergabestelle vorgetragen worden.

Bedeutung von Sondervorschriften des Vergaberechts?

Anders sah dies die Vergabekammer: Gerade in den festen Honorarvorgaben für einen Anteil der Preise sah die VK einen so gewichtigen Mangel, dass sie die „partielle Zurückversetzung des Verfahrens“ anordnete. Insoweit hielt die VK Art. 15 der EU-Dienstleistungsrichtlinie für unmittelbar anwendbar.

Ob diese Folgerung der VK zwingend ist, bleibt abzuwarten: Dagegen ließe sich einwenden, dass es den Vergabestellen nach der Vergabekoordinierungsrichtlinie offen steht, feste Preise vorzugeben und nur nach Qualitätskriterien zu werten- auch wenn dies für Planervergaben nicht unbedingt sinnvoll ist. Hier hatte die Vergabestelle ja vorgetragen, dass sich die festen Preise gerade nicht auf die Angebotswertung ausgewirkt hatten.

Keine Einigkeit bei der Beurteilung von Honorarstreiten

Verwiesen sei weiter auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des OLG Celle vom 17.7.2019 (14 U 188/18), wonach sich Architekten in Honorarprozessen nicht mehr auf die Über- oder Unterschreitung von Höchstsätzen der HOAI berufen können soll – dies eine völlig andere Frage.

Das OLG Hamm hat dagegen am 23.07.2019 entschieden, dass in Architektenhonorarklagen auch weiterhin das verbindliche Preisrahmenrecht der HOAI Anwendung finden soll. Man darf gespannt sein, wie’s weitergeht beim Umgang mit Preisvorschriften der HOAI. [GGSC] berät Vergabestellen bei der Durchführung von Planervergaben und hat dabei die EuGH-Entscheidung vom 4.7.2019 fest im Blick. Insoweit wird auf den hierzu ergangenen -> Sondernewsletter verwiesen.

 

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