Newsletter Energie Juli 2019

Härtefallregelung in Gefahr?

OLG Naumburg versagt Entschädigungszahlungen bei netzausbaubedingter Einspeisereduzierung

Für netzausbaubedingte Einspeisereduzierungen besteht nach Ansicht des OLG Naumburg kein Anspruch eines Anlagenbetreibers gegen seinen Netzbetreiber auf Entschädigung gemäß der EEG Härtefallregelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 EEG (Urteil vom 05.10.2018, Az. 7 U 25/18).

Damit bestätigte der erkennende Senat die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Halle und entschied im Wesentlichen wie das Landgericht Frankfurt/Oder (Urteile vom 27.11.2017, Az. 11 O 168/17, 11 O 148/17) in zwei weiteren vergleichbaren Verfahren.

In den genannten Fällen hatten Windenergieanlagenbetreiber die jeweils zuständigen Netzbetreiber auf Ersatz ihrer Einnahmeverluste für nicht eingespeisten bzw. abgenommenen EE-Strom verklagt. Zuvor forderten die Beklagten die Kläger dazu auf, ihre Windenergieanlagen aufgrund von Baumaßnahmen an den Trassen vom Netz zu trennen. Bei den Entscheidungen mussten die Gerichte die zentrale Frage klären, ob netzausbaubedingte Abschaltungen von den Einspeisemanagementregelungen umfasst sind.

Ausbauzweck kein Netzengpass

Das OLG Naumburg erkannte nur in drei der 18 geltend gemachten Netzabschaltungen eine Ersatzpflicht der Beklagten an, da nur in diesen Fällen eine entschädigungspflichtige Netzüberlastung vorgelegen habe. Soweit der Ersatzanspruch auf netzausbaubedingte Einspeisereduzierungen gestützt wurde, seien die Entschädigungsregelungen der §§ 14, 15 EEG nicht anwendbar. Das OLG Naumburg und auch das Landgericht Frankfurt (Oder) begründen ihre Entscheidungen damit, dass den Netztrennungen kein Netzengpass zugrunde gelegen habe, weil die Einspeisung nicht wegen einer drohenden Überlastung im Netz reduziert wurde, sondern aufgrund der vorsorglichen Netzausbaumaßnahmen erforderlich war.

Auslegung lässt Härtefallregelung ins Leere laufen

Mit ihrer sehr engen Auslegung des Netzengpasses stellen sich die Gerichte gegen die herrschende Literaturmeinung und weichen von dem Votum der Clearingstelle aus dem Jahr 2016 in einem ähnlich gelagerten Fall ab (Votum 2015/48).

Die sogenannte Härtefallregelung (§ 15 EEG) soll EEG-Anlagenbetreibern in Höhe von 95 % ihrer entgangenen Einnahmen absichern, wenn es insbesondere auch aufgrund des starken Zubaus von EEG-Anlagen zu Netzengpässen kommt. Damit soll das Investment des EEG-Anlagenbetreibers und mithin seine Überlebensfähigkeit für den Vergütungszeitraum gesetzlich abgesichert werden. Mit dieser gesetzlichen Zielrichtung ist es nicht vereinbar, wenn in den Fällen, in denen Netzbetreiber bereits frühzeitig, noch bevor Abschaltungen technisch notwendig sind, EE-Anlagen für den Netzausbau entschädigungslos vom Netz nehmen können. Anders als bei dem vom BGH bereits entschiedenen Fall zu Reparatur- und Wartungsmaßnahmen (Urteil vom 11.05.2016, Aktenzeichen VIII ZR 123/15) ging es bei den genannten Entscheidungen gerade nicht um Netzinstandhaltung, sondern den kapazitätsbedingten Ausbau. Entfällt bei Letzterem die Entschädigung gemäß § 15 EEG, sofern der Netzbetreiber nur rechtzeitig mit dem Netzausbau beginnt, läuft die Härtefallregelung faktisch ins Leere.

Dies kann nicht mit einem besonderen wirtschaftlichen Interesse der Netzbetreiber begründet werden, weil diese sowohl Härtefallzahlungen als auch den Netzausbau vollständig auf die Letztverbraucher umlegen können.

[GGSC] betreut ebenfalls einige Windparkbetreiber in vergleichbaren Verfahren. Es bleibt abzuwarten, wie letztlich der BGH entscheidet.

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