Newsletter Bau November 2021

OVG Berlin-Brandenburg stärkt kommunale Planungshoheit

Das OVG Berlin-Brandenburg hatte in einem Steganlagen-Verfahren zu entscheiden, ob das bauplanungsrechtliche Einvernehmen der Anliegergemeinde Voraussetzung im Rahmen des wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist. Steganlagen gelten im Land Brandenburg aufgrund der entsprechenden Regelung in § 61 Abs. 1 Nr. 10 lit. h) BbgBO als baugenehmigungsfreie Anlagen.

Ob dies auch dann gilt, wenn es sich nicht lediglich um einen Badesteg zur Freizeitnutzung, sondern – wie im entschiedenen Fall – um eine rund 100 m lange, parallel zum Ufer verlaufende gewerbliche Bootsanlage handelt, ließ das OVG letztlich im vorläufigen Rechtsschutzverfahren noch offen. Jedenfalls sei das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 Abs. 1 BauGB auch im wasserrechtlichen Verfahren Genehmigungsvoraussetzung. Die Wasserbehörde des Landkreises hatte dies indes ebenso verneint wie das Verwaltungsgericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Dem ist das OVG Berlin-Brandenburg mit deutlichen Worten entgegengetreten, indem es die ohne das gemeindliche Einvernehmen (bzw. dessen Ersetzung) erteilte wasserrechtliche Genehmigung für die Steganlage für „offensichtlich rechtswidrig“ erklärt hat.

Gemeindliches Einvernehmen (oder Ersetzung) erforderlich

Selbstverständlich habe die zuständige Wasserbehörde im Rahmen der Anlagengenehmigung gem. § 87 Abs. 3 des Brandenburgischen Wassergesetzes (BbgWG) auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der zur Genehmigung gestellten Steganlage zu prüfen. Die Einholung des gemeindlichen Einvernehmens sei gem. § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB auch dann erforderlich, wenn in einem anderen als dem bauordnungsrechtlichen Verfahren über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 31, 33 – 35 BauGB entschieden wird.

Die Planungshoheit der Anliegergemeinde einer Bundeswasserstraße macht nicht am Ufer halt!

Dies hatte die untere Wasserbehörde des Landkreises ebenso wie das Verwaltungsgericht Potsdam anders gesehen und gemeint, es seien ausschließlich die Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Gemeinwohlbelange im Rahmen der Genehmigung gem. § 87 Abs. 3 Satz 1 BbgWG Voraussetzung der Genehmigung einer Steganlage.

Tatsächlich hat insoweit die Änderung des Wortlauts des § 87 Abs. 3 Satz 1 BbgWG im Jahr 2017 diese Auslegung nahegelegt. Dem ist nun da OVG Berlin-Brandenburg entgegengetreten und hat klargestellt, dass die zuständige Wasserbehörde im Rahmen einer Steganlagengenehmigung weder die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens noch die Belange der Anliegergemeinde und deren Einvernehmen ausblenden dürfe. Dies gilt – so das OVG – selbst dann, wenn sich die Steganlage in einer Bundeswasserstraße befindet.

In der lesenswerten Entscheidung vom 19.03.2021 (Az.: OVG 11 S 137/20) der von [GGSC] vertretenen Stadt Recht gegeben und damit die effektive Wahrnehmung der ihr zustehenden Planungshoheit nachdrücklich gestärkt. Das OVG Berlin-Brandenburg hatte in einem Steganlagen-Verfahren zu entscheiden, ob das bauplanungsrechtliche Einvernehmen der Anliegergemeinde Voraussetzung im Rahmen des wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist. Steganlagen gelten im Land Brandenburg aufgrund der entsprechenden Regelung in § 61 Abs. 1 Nr. 10 lit. h) BbgBO als baugenehmigungsfreie Anlagen. 

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