Newsletter Abfall März 2023

Bodenaushub: Neues vom EuGH und aus den Bundesländern

Der EuGH setzt seine Rechtsprechung zum weit gefassten Abfallregime und Abfallbegriff fort. Nun hat er sich eingehend mit Bodenaushub befasst.

Bauabfälle stehen kurz vor dem Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung am 01.08.2023 auch im Fokus neuer Vollzugsregeln in den Bundesländern.

Bei Bauvorhaben anfallender Bodenaushub: in der Regel Abfall!

Bodenaushub, der im Rahmen eines Bauvorhaben anfällt, ist regelmäßig Abfall – auch wenn das Material nicht kontaminiert ist (EuGH, Urt. v. 17.11.2022, Az.: C-238/21, Rn. 38). Dies resultiert aus dem umfassenden Abfallbegriff - der greift, wenn der Verwendungszweck von Stoffen oder Gegenständen wegfällt. Dies ist bei Bodenaushub der Fall, wenn dieser nicht der Rohstoffgewinnung dient, sondern zum Ausheben der Baugrube oder zur Geländemodellierung.

Auf Baustellen wird solcher Bodenaushub weithin nicht als Abfall angesehen, wenn das Material nicht kontaminiert ist, für die (baldige) Wiederverwendung geeignet ist und eine solche auch geplant ist (keine Entledigung bzw. kein Entledigungswille nach § 3 Abs. 1 bis Abs. 3 KrWG).

Der EuGH legt die Schwelle für diesen am Abfallregime vorbeiführenden Weg höher als diese verbreitete Praxis. Bei Baumaßnahmen anfallender Bodenaushub ist nur dann kein Abfall, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Ausnahme: sichere und direkte Wiederverwendung

Bei Bauvorhaben anfallender Bodenaushub ist kein Abfall – sondern ein Nebenprodukt (vgl. § 4 Abs. 1 KrWG), wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

1. Der Bodenaushub ist als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses angefallen (zu „Nebenprodukten“); dies dürfte auf Baustellen nach den Kriterien des EuGH (a.a.O., Rn. 55) üblicherweise der Fall sein: Bodenaushub, der bei der Bauausführung als wirtschaftlicher Vorgang im Zuge der Geländearbeiten entsteht,

2. Die weitere Verwendung des Bodenaushubs ist sicher („gewiss“) - also nicht nur möglich und geplant,

3. Der Bodenaushub kann direkt ohne weitere Verarbeitung und Behandlung verwendet werden, und:

4. Diese sichere und direkte Verwendung ist auch rechtmäßig (bzgl. aller Produkt- und Umweltanforderungen) vgl. EuGH, a. a. O., Rn. 41, 43, 54,56).

Bodenaushub ist nur dann kein Abfall, wenn diese Voraussetzungen schon zu dem Zeitpunkt erfüllt sind, in dem das Material auf der Baustelle anfällt. Unmittelbar mit dem Aushub hat das Material nämlich einen Besitzer, und es kommt für die Frage der Entledigung bzw. des Entledigungswillens auf ihn an. Ist so Abfall entstanden, endet die Abfalleigenschaft erst nach Abschluss des Verwertungs- oder Beseitigungsverfahrens.

Deshalb genügt es beispielsweise nicht, zuerst die Baugrube auszuheben und dann den Boden auf seine Wiederverwendbarkeit zu prüfen. Vielmehr wird zum „Umschiffen“ des Abfallrechts oftmals erforderlich sein, dass die Eigenschaften des Materials hinsichtlich seiner Wiederverwendbarkeit schon vor dem Aushub bekannt ist, insbesondere durch entsprechende Untersuchungsergebnisse; ferner sollte schon zu diesem Zeitpunkt durch verbindliche Abnahme o.ä. der zulässige Wiedereinbau sicher sein. Dann führt auch eine vorübergehende Lagerung bis zur Ausführung des – sicheren und rechtmäßigen, s.o. – Wiedereinbaus nicht dazu, dass der Bodenaushub zu Abfall wird (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 53).

Die Ersatzbaustoffverordnung kommt: Einstufung von mineralischem Bauabfall

Künftig regelt die Ersatzbaustoffverordnung (EBV) die Wiederverwendung von mineralischen Abfällen und Nebenprodukten in technischen Bauwerken.

Im Vorfeld des Inkrafttretens der EBV (als Teil der sog. „Mantelverordnung“) passen die Bundesländer teilweise Parameter und Werte für die Einstufung von Boden und Bauschutt an. Dies wird Auswirkungen auf die Stoffströme haben.

So hat Rheinland-Pfalz soeben Parameter und Werte für die Einstufung dieser wichtigen Massenströme nach ihrer Gefährlichkeit angepasst. Bekanntlich werden für die Abgrenzung gefährliche – nicht gefährliche mineralische Abfälle in den Bundesländern seit langem Eluat- und Feststoffwerte für eine Reihe von Parametern verwendet.

Als gefährliche Abfälle sollen nach dem neuen Erlass in Rheinland-Pfalz solche mineralischen Bauabfälle eingestuft werden, die wegen ihrer Schadstoffbelastung nach der EBV nicht in technische Bauwerke eingebaut werden können (z.B. als Unterbau, Tragschicht, Verfüllung, Damm etc.). Aus Sicht des Rheinland-pfälzischen Umweltministeriums vieles dafür, dass diese Abfälle auch gefährliche Eigenschaften (Ökotoxizität) hätten. Ebenso wird mit den Zuordnungskriterien für die Ablagerung auf DK II – Deponien argumentiert: sind diese Zuordnungskriterien überschritten, so spreche vieles dafür, dass die betreffenden Abfälle auch gefährlich seien. Die Parameter und Werte wurden entsprechend angepasst.

Die angenommene „Regelungslücke“ ist allerdings fraglich, da es hier um die Anwendung der durch Unionsrecht harmonisierten Kriterien für die Gefährlichkeit von Abfällen im Europäischen Abfallverzeichnis geht. Auch der Schluss von den Grenzen der Verwertung (Wiedereinbau) bzw. Ablagerungsfähigkeit auf die Gefährlichkeit der Abfälle ist zu hinterfragen: die Materialwerte der EBV wie die Zuordnungskriterien der DepV haben andere Zwecke, die mit dem jeweiligen Entsorgungsweg und den betreffenden Anlagen verbunden sind. Die Gefährlichkeit von Abfällen ist dagegen anhand der Stoffeigenschaften zu bewerten. Jedenfalls sollten bundesweit einheitliche Vollzugsregeln angestrebt werden.

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