Newsletter Bau März 2021

Erweiterte Befreiungsmöglichkeiten

Einem Vorschlag der Baulandkommission folgend soll der Anwendungsbereich des § 31 Abs. 2 BauGB (Befreiung) „zugunsten des Wohnungsbaus“ erheblich (allerdings befristet bis zum 31.12.2024) erweitert werden.

Überall dort, wo die Gemeinde durch Satzung (in Berlin: durch Rechtsverordnung) gemäß § 201 a BauGB in einem bestimmten Gebiet einen „angespannten Wohnungsmarkt“ feststellt, kann gemäß dem neuen § 31 Abs. 3 BauGB zukünftig ohne Rücksicht auf die „Grundzüge der Planung“ von den Festsetzungen eines vorhandenen Bebauungsplans befreit werden. Dies gilt sowohl für die Art als auch für das Maß der Nutzung. Allerdings sind weiterhin öffentliche Belange (z. B.: das Stadtbild) und vor allem nachbarliche Belange zu beachten.

Geht man davon aus, dass Berlin mit Blick sowohl auf diese Regelung als auch auf den neuen § 250 BauGB eine entsprechende Verordnung für die gesamte Stadt erlässt, entstehen erhebliche Baupotentiale im gesamten Bereich des Baunutzungsplans (also im ehemaligen Westberlin), die bisher an der restriktiven Auslegung des Begriffs „Grundzüge der Planung“ scheiterten. Sowohl die bessere Ausnutzung vorhandener Baugrundstücke als auch Aufstockungen und Umwidmungen von Gewerbebrachen wären möglich. Bei entsprechenden stadtentwicklungspolitischem Wollen der Berliner Planungsbehörden könnte die neue Befreiungsregelung des Baulandmobilisierungsgesetzes zusammen mit dem neuen sektoralen Bebauungsplan (§ 9 Abs. 2 d) BauGB) in Berlin eine erhebliche Ausweitung des Wohnungsneubaus im gesamten städtischen Siedlungsgebiet bewirken. Beide
Regelungen zusammen gedacht und angewandt sind eine einmalige Chance, die Innenentwicklung der Stadt endlich auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen.

Wir gehen davon aus, dass die Befreiung nach den neuen Regeln bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen immer zu erteilen ist, wenn das Vorhaben sich „städtebaulich einfügt“, was nach den Maßstäben des § 34 BauGB zu beurteilen sein dürfte („intendiertes Ermessen“).

Unklar ist, ob das Vorhaben ausschließlich Wohnnutzungen umfassen darf oder ob auch andere Nutzungen mitzugelassen werden können, wenn sie plankonform sind. Für Letzteres spricht sowohl der Wortlaut als auch der Sinn der Vorschrift. Dies bedeutet, dass auch gemischt genutzte Gebäude mit allen Nichtwohnnutzungen, die im geltenden Bebauungsplan zulässig sind, errichtet werden können und lediglich für den Wohnteil eine Befreiung von der zulässigen Art und dem zulässigen Maß der Nutzung erteilt werden würde.

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