Newsletter Bau November 2025

Der „Bau-Turbo“ ist da – Was sagen Expert:innen?

18.11.2025

Am 29.Oktober 2025 ist das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsneubaus und zur Wohnraumsicherung in Kraft getreten. Teil der Neuregelungen ist mit § 246e BauGB der sogenannte „Bau-Turbo“.  [GGSC] hatte zu dem entsprechenden Gesetzesentwurf bereits im Juni-Newsletter berichtet. Mit dem Bau-Turbo und den weiteren Neuregelungen soll deutschlandweit der Wohnungsneubau beschleunigt werden. 

Ob die Neuregelungen diesem Anspruch gerecht werden, haben wir am 04.11.2025 in der mittlerweile 19. Ausgabe unserer Expert:innen-Interviews mit gleich drei Gästen zu verschiedenen Schwerpunkten besprochen. Die einzelnen Interviews wurden aufgezeichnet und sind unter dem ->  GGSC/Youtube-Kanal abrufbar

Interview 1: Befreiungen von Bebauungsplan-Festsetzungen (Mike Petersen)

Im ersten Interview sprach Rechtsanwalt Prof. Dr. Jörg Beckmann mit Herrn Mike Petersen, Sprecher des Ausschusses Planungsrecht der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL  e.V.). Dabei diskutierten sie über die Möglichkeit der Bauaufsichtsbehörden, nach der Neufassung des § 31 Abs. 3 BauGB über den Einzelfall hinaus auch in mehreren vergleichbaren Fällen Befreiungen von den Festsetzungen zu erteilen. 

Kernfragen waren dabei, wie die Gemeinden mit dem dafür neu geschaffenen Zustimmungsvorbehalt umgehen werden und ob die Neuregelung eine Erleichterung für die Planungsämter darstellt, da Änderungen von Bebauungsplänen mit dem Ziel der Wohnraumschaffung möglicherweise obsolet werden.

Zum Video: Neuregelungen zur Befreiung nach § 31 Abs. 3 BauGB

Interview 2: Abweichungen im unbeplanten Innenbereich (Philipp Neubrandt)

Herr Rechtsanwalt Dr. Arne Gutsche sprach im zweiten Interview mit Herrn Philipp Neubrandt, Jurist im Stadtentwicklungsamt des Bezirksamts Treptow-Köpenick von Berlin, zu den Neuregelungen des § 34 BauGB, die im unbeplanten Innenbereich Abweichungen vom Erfordernis des Sich-Einfügens in die nähere Umgebung zulassen, wenn dadurch neuer Wohnraum geschaffen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar gemacht wird.

Bei dem Gespräch ging es zunächst um den Anwendungsbereich der Neuregelungen zwischen den Befreiungsmöglichkeiten des § 31 BauGB für faktische Baugebiete und dem weiten Regelungsbereich des eigentlichen Bau-Turbo in § 246e BauGB. Außerdem diskutierten die Interviewpartner, ob nun tatsächlich in vielen Fällen das Erfordernis entfällt, einen Bebauungsplan aufzustellen.

Zum Video: Neuregelungen zur Abweichung vom Einfügen in die nähere Umgebung 

Interview 3: Der eigentliche Bau-Turbo (Annika Schulz)

Das finale Interview führte Frau Rechtsanwältin Maike Dierl mit Frau Annika Schulz von der Stadtverwaltung Frankfurt (Oder) zum Bau-Turbo nach § 246e BauGB. Das Verfahren, dem das neue Gesetz seinen Namen verdankt, erlaubt zugunsten des Wohnungsbaus weitreichende Abweichungen von den Regelungen des BauGB. 

Neben dem Umgang mit dem Bau-Turbo als planungsrechtlichem „Auffangtatbestand“ im Vergleich mit den speziellen Regelungen der §§ 31 und 34 BauGB ging es vor allem um die Möglichkeit, ohne Bebauungsplan Wohnraum im Außenbereich zu schaffen. Betont wurde dabei, dass Vorhaben auch zukünftig frühzeitig mit den Planungsämtern abgesprochen werden sollen.

Zum Video: Der Bau-Turbo des § 246e BauGB 

Ausblick

Alle drei Expert:innen waren sich einig, dass die Neuregelungen eine Abkehr von den integrierten Bauleitplänen hin zu einer größeren Einzelfallentscheidung bei Wohnungsbauvorhaben bedeutet. Durch das Zustimmungserfordernis behalten die Gemeinden allerdings weiterhin die Kontrolle über die städtebauliche Entwicklung. Ob Verwaltungen und Vorhabenträger:innen die neuen Möglichkeiten tatsächlich zur beschleunigten Schaffung von Wohnraum nutzen, muss die Praxis zeigen.

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