Covid-19 Pandemie: Billigkeitsentscheidungen bei der Erhebung von Abfallgebühren

Der anlässlich der COVID 19-Pandemie ausgelöste „Lockdown“ führte zu einem weitgehenden Stillstand des Wirtschaftslebens, dessen Konsequenzen insbesondere Inhaber kleiner Unternehmen (z. B. Ladenbesitzer) zu spüren bekommen. Um der wirtschaftlichen Notlage im Einzelfall Rechnung tragen zu können, haben örE die Möglichkeit, fällige Gebührenforderungen auf Antrag und bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu stunden und ggf. auf die Erhebung von Stundungszinsen zu verzichten (vgl. -> „Stundung von Abfallgebühren…“ April 2020).

Neben der Stundung kommt auch der vollständige Verzicht auf die Gebührenforderung aus Billigkeitserwägungen in Betracht. Allerdings unterliegen „Billigkeitserlasse“ gemäß § 227 Abgabenordnung und der hierzu ergangenen Rechtsprechung zufolge strengen Voraussetzungen.

Erlassbedürftigkeit

Im Hinblick auf die COVID 19-Pandemie kommen hier insbesondere persönliche Billigkeitsgründe in Betracht, die vorliegen, wenn der Gebührenschuldner unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten ist und die Geltendmachung bzw. Durchsetzung des Anspruchs zum Verlust der Existenzgrundlage führen würde. Auch wenn die COVID 19-Pandemie und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen nicht vorhersehbar und regelmäßig auch ursächlich für die wirtschaftliche Notlage vieler Unternehmen sind, ist zu beachten, dass die Feststellung der Erlassbedürftigkeit gleichwohl eine umfassende Würdigung der Umstände im Einzelfall erfordert. Zu prüfen ist also zum Beispiel, ob das jeweilige Unternehmen von den Schließungsanordnungen betroffen ist, ob diese existenzgefährdende Auswirkungen haben und auch ob die Möglichkeit der Aufnahme von Krediten seitens des Gebührenschuldners besteht bzw. ob dieser bereits insolvent ist.

Erlasswürdigkeit

Zusätzlich zur Erlassbedürftigkeit ist die Erlasswürdigkeit des Gebührengläubigers festzustellen. Erlassunwürdig sind regelmäßig Personen, die aus eigenem Verschulden in die wirtschaftliche Notlage geraten sind und bei denen eine Übernahme der Gebührenschuld durch die Allgemeinheit nach Billigkeitsmaßstäben nicht erwartet werden kann. Auch bei dieser Voraussetzung ist eine umfassende Würdigung der gesamten Umstände (z. B. bisherige Zahlungsmoral etc.) vorzunehmen.

Billigkeitserlass als Ultima Ratio

Der Erlass von Gebührenforderungen aus Billigkeitsgründen nimmt in der Systematik der abgabenrechtlichen „Zahlungserleichterungen“ den letzten Platz ein und ist nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Auch die durch die COVID 19-Pandemie verursachten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern hieran nichts und erfordern eine Prüfung des Einzelfalles. Unberührt davon bleiben – je nach Ausgestaltung der Satzung – etwaige Möglichkeiten der Gebührenreduzierung bei nicht in Anspruch genommenen Leistungen infolge von Schließungsanordnungen oder die Stundung der Gebühr.

[GGSC] verfügt über eine langjährige Expertise in der Beratung von öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern in allen Fragen des Benutzungsgebührenrechts.

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