Newsletter Vergabe Oktober 2022

Keine Angst vor Neuem: Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Zum 01.01.2023 tritt das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft und schreibt erstmals Pflichten zur Kontrolle und Einhaltung menschen- und umweltrechtlicher Standards entlang der Lieferkette fest. Neben den unternehmerischen Sorgfaltspflichten ergeben sich auch konkrete Auswirkungen auf das Vergaberecht. Gerade öffentliche Auftraggeber sind daher gut beraten, sich hinsichtlich der neuen Vorgaben und Regelungsmechanismen zu informieren.

Sorgfaltspflichten des LkSG auch für die öffentliche Hand

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz legt Unternehmen mit – in der Regel – mindestens 3.000 inländischen Arbeitnehmern menschenrechtliche Sorgfaltspflichten auf, die sie innerhalb ihrer Lieferketten zu beachten haben. Ab dem 01. Januar 2024 wird der Schwellenwert für betroffene Unternehmen auf 1.000 Mitarbeitern gesenkt. Der Begriff des Unternehmens ist dabei rechtsformneutral und differenziert nicht zwischen öffentlichen Unternehmen und Unternehmen der Privatwirtschaft. Juristische Personen des öffentlichen Rechts fallen nach der Gesetzesbegründung nur dann nicht unter den Anwendungsbereich, wenn sie Verwaltungsaufgaben einer Gebietskörperschaft wahrnehmen und nicht am Markt unternehmerisch tätig sind.

Auswirkungen des LkSG auf öffentliche Beschaffungen

Soweit öffentliche Auftraggeber in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, müssen sie neben der Umsetzung der geforderten Sorgfaltspflichten auch die Einhaltung seitens ihrer Auftragnehmer (als unmittelbare Zulieferer) sicherstellen. Daneben ist zu beachten, dass nach § 128 Abs. 1 GWB Unternehmen bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden gesetzlichen Vorschriften einzuhalten haben. Dies hat zur Folge, dass das LkSG nicht nur bei der Ausführung öffentlicher Aufträge gilt, sondern öffentliche Auftraggeber auch berechtigt sind, sich über die Einhaltung des Gesetzes zu informieren.

Vor diesem Hintergrund kann der Ausgestaltung der Vergabe- und Vertragsunterlagen besondere Bedeutung zukommen. Insbesondere durch Regelungen in den Vertragsbedingungen zur Einhaltung der nach dem LkSG verlangten Vorgaben und wirksamen Kontrollmechanismen sowie bei der Auswahl der Bieter können menschenrechts- und umweltbezogene Erwartungen berücksichtigt werden. Diese Möglichkeit steht allen öffentlichen Auftraggebern offen und es ist zu erwarten, dass in zunehmenden Maße die Erwartung bestehen wird, dass der Einkauf durch die öffentliche Hand hier Vorbildfunktion übernimmt. Ein entsprechendes Instrumentarium steht jedenfalls zur Verfügung.

Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge

Darüber hinaus wirkt sich das LkSG auch unmittelbar auf Vergabeverfahren aus. Nach § 22 LkSG sollen Unternehmen, die wegen eines festgestellten Verstoßes gegen das LkSG mit einer Geldbuße von mindestens 175.000 € belegt worden sind, für die Dauer von bis zu drei Jahren von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Für einzelne Pflichten des LkSG liegt die Grenze des Bußgeldes für die Vergabesperre noch höher. Die maßgeblichen Bußgelder ergeben sich aus § 24 Abs. 2 LkSG. Betrachtet man die Höhe der Bußgelder für einzelne Verstöße zeigt sich jedoch, dass die Schwelle zur Soll-Vorschrift des Ausschlusses sehr hoch ist.

Praktische Bedeutung

Ob das LkSG praktische Bedeutung entfalten wird, wird sich zeigen. Im Hinblick auf den Anwendungsbereich dürfte das Gesetz auf die wenigsten kommunalen Unternehmen unmittelbar anwendbar sein. Allein die Vergabesperre § 22 LkSG jedenfalls wird die Umsetzung des Gesetzes und die Gewährleistung der vorgesehenen Sorgfaltspflichten voraussichtlich nicht verbessern. Die praktische Relevanz hängt zudem stark vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ab, welches für die Umsetzung des LkSG sowie die Feststellung von Verstößen und Festsetzung von Bußgeldern zuständig ist. Erst dann haben öffentliche Auftraggeber überhaupt die Möglichkeit, durch Einholung der betreffenden Auskünfte beim Wettbewerbsregister vom Ausschlussgrund des § 22 LkSG Gebrauch zu machen.

[GGSC] berät öffentliche Auftraggeber umfassend zum Vertragsvollzug und unterstützt sie bei der Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens einschließlich der Berücksichtigung menschen- und umweltrechtlicher Sorgfaltspflichten bei Ausgestaltung der Vergabeunterlagen.

Weitere Artikel des Newsletters

Für die Vergabestelle kann es bei komplexen Ausschreibungen eine deutliche Verfahrenserleichterung bedeuten, wenn sich ein Verhandlungsverfahren rechtfertigen lässt. Sowohl VgVals auch EU VOB/A stellen hieran hohe Anforderungen.
weiter

Veranstaltungen