Vorsicht: Fehlerhafte Bieterinformation und Antragsbefugnis im Nachprüfungsverfahren

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.09.2018 zur fehlenden Klagebefugnis eines örE im Streit um gewerbliche Sammlungen hat einen unmittelbaren Handlungsbedarf des Gesetzgebers ausgelöst, der nunmehr durch die Novellierung des KrWG realisiert werden könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.09.2018, Az.: 7 C 23.16). Allerdings spiegelt sich auch im aktuellen Gesetzgebungsverfahren die seit Jahren herrschende Uneinigkeit über ein Klagerecht des örE wider.

Gesetzesentwurf des Bundeskabinetts gegen ein Klagerecht des örE

Während der am 06.08.2019 erschienene Referentenentwurf des BMU zum Gesetz zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der Europäischen Union noch ein Klagerecht des örE in dem neu eingeführten § 18 Abs. 8 KrWG in Übereinstimmung mit der seit Jahren von [GGSC] bestehende Rechtsauffassung (vgl. hierzu bereits die -> November-Ausgabe des [GGSC] Abfall-Newsletters) vorgesehen hat, hat das Bundeskabinett in seinem Gesetzesentwurf vom 12.02.2020 eine geänderte Fassung des Gesetzesentwurfs beschlossen. Darin wurde das durch das BMU in seinem Referentenentwurf in § 18 Abs. 8 KrWG vorgesehene Klagerecht des örE nicht übernommen.

Im Vergleich zum Referentenentwurf des BMU hält der Regierungsentwurf mit der nicht übernommenen Klagebefugnis weiterhin ein Ungleichgewicht zu Lasten der örE aufrecht, das so schon vom damaligen Gesetzgeber nicht gewollt war.

Erforderlichkeit einer ausdrücklichen Klarstellung

Dabei ist die Erforderlichkeit einer ausdrücklichen Klarstellung eines Klagerechts des örE zur Herstellung einer Waffengleichheit mit den gewerblichen Sammlungen offensichtlich. Die Argumentation des BVerwG in seiner Entscheidung vom 27.09.2018 beruhte im Wesentlichen auf dem Umstand, dass sich aus den Regelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes keine wehrfähige Rechtsposition ergebe, die eine Klage des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers auf Untersagung einer gewerblichen Sammlung ermögliche. Allein dieser Umstand verdeutlicht die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Klarstellung eines Klagerechts des örE. Darüber hinaus wird die Planungssicherheit hinsichtlich der anfallenden Abfallmengen ohne ein entsprechendes Klagerecht erheblich eingeschränkt. So sollen örE weiterhin lediglich im Rahmen ihrer Möglichkeit zur Stellungnahme am Anzeigeverfahren beteiligt werden.

Für den – in der Praxis leider viel zu oft - auftretenden Fall, dass die Stellungnahmen der örE unberücksichtigt bleiben oder vom örE geäußerte Bedenken gegen die Zuverlässigkeit gestützt auf konkrete Anhaltspunkte ignoriert werden, haben örE keine Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung zu erwirken. Nur wenn die Gerichte auch von einem örE angerufen werden können, wäre die seit Jahren geforderte prozessuale Waffengleichheit von örE und gewerblichen Sammlungen gewährleistet.

Die Erfahrungen der Vergangenheit haben eindringlich gezeigt, dass insbesondere arbeitsüberlastete oder personell knapp besetzte Behörden dazu neigen, keine Untersagungsverfügungen oder Anordnungen zu erlassen, da eine Entscheidung entgegen der Stellungnahme eines örE nie, hingegen eine Entscheidung gegen eine gewerbliche Sammlung immer angreifbar ist.

Anhörung im Umweltausschuss am 01.07.2020

Am 01.07.2020 fand im Umweltausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zum Gesetzesentwurf Bundesregierung zur Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie der EU statt, in der unter anderem die Argumente für die Aufnahme eines Klagerechts des örE in das KrWG ausgetauscht wurden. Mit Blick auf den Umstand, dass die Frist für die Umsetzung der EU-Vorgaben bereits am 05.07.2020 abgelaufen ist, wird die KrWG-Novelle nach derzeitigem Stand voraussichtlich im Oktober 2020 in Kraft treten. Bis dahin bleibt abzuwarten, ob das Klagerecht des örE doch noch Einzug in das KrWG hält. [GGSC] berät öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger und kommunale Entsorgungsunternehmen regelmäßig gerichtlich und außergerichtlich in allen Fragen der gewerblichen Sammlungen.

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