Vereinfachung von Genehmigungsverfahren für Repoweringanlagen?
Der Bundesgesetzgeber möchte mit dem neuen § 16 b BImSchG die Genehmigungsverfahren für Repoweringanlagen beschleunigen und die inhaltlichen Anforderungen vereinfachen. Dieser Verstoß ist grundsätzlich zu begrüßen. Es stellt sich allerdings vor allem hinsichtlich der artenschutzrechtlichen Vorschriften die Frage, ob in der Genehmigungspraxis Windenergieanlagen (WEA) tatsächlich leichter genehmigt bzw. repowert werden können.
Ausgangssituation
Wie berichtet, Newsletter vom Mai 2021, sind die artenschutzrechtlichen Fragestellungen ein wesentlicher Prüfungspunkt für eine Genehmigung von WEA. Die durch das Klimaschutzgesetz vorgegebenen hohen Ausbaupfade lassen sich somit nur umsetzen, wenn mehr Genehmigungen erteilt werden. Der Bundesgesetzgeber möchte diese Voraussetzungen mit dem neuen § 16 b BImSchG zumindest für Repoweringanlagen schaffen. Dies betrifft zum einen die Vereinfachung des Verfahrens, in dem z.B. ein Erörterungstermin entfallen kann. Ein wesentlicher Punkt betrifft zum anderen mit § 16 b Abs. 4 BImSchG den Artenschutz.
Nach § 16 b Abs. 4 Satz 2 BImSchG sind die Vorbelastungen der zu ersetzenden Anlagen bei der artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen. Grundsätzlich soll der Umfang der artenschutzrechtlichen Prüfung allerdings nicht abgesenkt werden. Hier stellt sich die Frage, ob die Berücksichtigung von Vorbelastungen die artenschutzrechtliche Prüfung tatsächlich erleichtern und vereinfachen kann.
Welcher Maßstab soll für artenschutzrechtliche Prüfung greifen?
Im Rahmen der Prüfung einer möglichen Beeinträchtigung von geschützten Arten (sog. Signifikanzprüfung) ist grundsätzlich zu prüfen, ob die durch das geplante Repowering anzunehmenden Belastungen für die vor Ort vorhandenen besonders geschützten Arten, bei WEA vor allem Vogelarten, sinken oder steigen.
Dieser Ansatz geht in die richtige Richtung. Neuere Untersuchungen zeigen, dass sich sowohl bei Errichtung von WEA vor Ort vorhandene Vogelarten als auch nach Inbetriebnahme angesiedelte Vogelarten an ein ggf. von den WEA ausgehendes Störpotential anpassen und z.B. den Rotorflügeln ausweichen können. Für eine Genehmigungsverfahren bleiben dennoch Kriterien zu entwickeln, um diesen Ansatz im Detail abbilden und die Genehmigung rechtssicher ausgestalten zu können.
Der Gesetzgeber nennt insoweit verschiedene Kriterien. Dies ist z.B. ein verringertes Gefährdungspotential durch eine verringerte Anlagenzahl und größere Abstände zwischen Boden und Rotorblättern aufgrund höherer Anlagen (Bereich des überwiegenden Anteils der Flugbewegungen vieler Vogelarten).
Weiterhin soll die Bestandsanlage als Vorbelastung zu werten sein. Die Bestandsanlage wird im Rahmen des Repowerings zurückgebaut und entfällt nach dem Repowering als Belastung. Darüber hinaus könnte bei einer nachträglichen Ansiedlung geschützter Arten in der Nähe von WEA ein Gewöhnungseffekt eingetreten sein (BT-Drs. Drucksache 19/30954, Begründung zu § 16 b BImSchG).
Für eine rechtssichere und möglichst unangreifbare Genehmigung bleiben diese Kriterien jedoch immer im Einzelfall in den zu erstellenden artenschutzfachlichen Gutachten abzubilden. Insoweit bleibt noch zu erkunden, ob die gesetzliche Vorgabe einer positiv zu bewertenden Vorbelastung überhaupt weiterhilft. Dies könnte z.B. bei verbleibenden Restunsicherheiten oder Untersuchungslücken helfen.
Möglicherweise bleibt dann nur der Weg über eine artenschutzfachliche Ausnahme nach § 45 Absatz 7 BNatSchG. Dabei soll nach der Gesetzesbegründung zu berücksichtigen sein, dass im Falle eines Repowering regelmäßig keine Alternativstandorte in Betracht kommen, außer es sind ausdrücklich neue Repoweringstandorte ausgewiesen worden (vgl. BT-Drs. Drucksache 19/30954, Begründung zu § 16 b BImSchG). Zusätzlich könnte hier ggf. zu belegen sein, dass sich der Bestand vor Ort trotz der bereits existierenden WEA vorteilhaft entwickelt hat.
Bewertung/Fazit
Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzgeber versucht, das Genehmigungsverfahren zumindest für Repoweringanlagen zu vereinfachen. Das Kriterium einer für die Genehmigung von WEA sprechenden Vorbelastung von Bestandsanlagen bleibt jedoch in jedem Einzelfall detailliert auf die artenschutzrechtliche Prüfung herunter zu brechen. Der Umfang der in diesem Zusammenhang auszuarbeitenden Unterlagen dürfte dabei nicht geringer werden.