Newsletter Energie Juli 2020

BGH legt Netzengpass und damit Härtefallentschädigung weit aus

Am 11.02.2020 hat der BGH eine wirtschaftlich relevante Entscheidung zur sog. Härtefallentschädigung für EEG-Anlagenbetreibern bei Netzabschaltungen getroffen. Die mit Spannung erwartete Revisionsentscheidung (Vorinstanz OLG Naumburg) stärkt die Position der Anlagenbetreiber stärker als erwartet. Sie bekräftigt nicht nur die Clearingstellenentscheidung (2015/48), sondern geht sogar noch darüber hinaus, indem sie das frühere BGH-Urteil zur entschädigungslosen Abschaltung bei Reparatur- und Wartungsarbeiten relativiert.

Aufgrund der Gesetzesbegründung und der späteren Clearingstellenentscheidung hatte GGSC zur Entschädigungspflicht nach § 12 Abs. 1 EEG 2012 oder § 15 Abs. 1 EEG 2014 stets die Auffassung vertreten, dass netzausbaubedingte Abschaltungen entschädigungspflichtig sind.

Diese überwiegend auch im Schrifttum vorherrschende Rechtsposition (teilweise mit Ausnahmen zu Bagatellfällen) war zuletzt durch das Berufungsurteil des OLG Naumburg und zwei in die gleiche Richtung weisende Berufungsurteile des OLG Brandenburg in Frage gestellt worden. Der BGH rehabilitiert diese Position nunmehr jedoch deutlich und weist die Sache zur Neuverhandlung und Entscheidung an das OLG Naumburg zurück.

Härtefallentschädigung auch für viele Reparatur- und Wartungsfälle

Unerwartet geht der BGH sogar noch darüber hinaus: Er stellt klar, dass Reparatur- und Wartungsarbeiten – anders als seine frühere Entscheidung vermuten ließ – ebenfalls einen Netzengpass begründen, wenn andere Stromerzeugungsanlagen in dem betreffenden Netzabschnitt weiterhin Strom einspeisen und die geregelte Anlage gerade zu diesem Zweck vom Netz getrennt werde. Ein Entschädigungsanspruch scheide lediglich dann aus, wenn durch die Reparaturarbeiten bspw. die Zuleitung der Anlage zum Netz unterbrochen werde und die Anlage sodann unabhängig von den Netzkapazitäten nicht einspeisen könne. Damit scheidet eine Härtefallentscheidung meist nur in den Fällen aus, in denen die Ursache für die Abschaltung nicht im Bereich des öffentlichen Netzes liegt und der „private“ Bereich (Kundenanlagen/Zuleitung) vollständig abgeregelt wird.

Fazit und Empfehlung

Durch diese unerwartete Entwicklung dürfte eine Vielzahl reparatur- und instandhaltungsbedingter Abschaltungen (entgegen der bisherigen Praxis nahezu aller Netzbetreiber) entschädigungspflichtig sein.

Für Betreiber lohnt es sich also, in ihrem jeweiligen Unternehmensbereich zu prüfen, inwieweit solche Netzabschaltungen, die noch nicht verjährt sind, darunterfallen.

Dies gilt umso mehr, als der BGH in seiner Entscheidung auch klargestellt hat, dass für den grundsätzlich darlegungs- und beweislastpflichtigen Anlagenbetreiber als Anspruchssteller nur geringfügige Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Anspruchs bestehen.

Hinzu kommt, das auf Art. 13 Abs. Abs. 7 Satz 2 lit. b) Elektrizitätsbinnenmarktverordnung EU seit diesem Jahr sogar eine 100prozentige Entschädigung gestützt werden kann.

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