Keine Änderungsanordnung durch Mitteilung von Bauablaufplänen
Eine neue Entscheidung des BGH bringt eine bedeutende Klärung im Zusammenhang mit Bauzeitennachträgen nach § 2 Abs. 5 VOB/B.
Diese weicht von der bisherigen Rechtsprechung - insbesondere von der des Kammergerichts (KG) und des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg – ab, wonach die Übersendung geänderter Bauablaufpläne durch den Auftraggeber als "andere Anordnung" im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B zu werten sei, was wiederum einen Anspruch auf Vergütungsanpassung begründen lässt.
Der Fall
In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (Az.: VII ZR 10/24) war ein Bauunternehmen mit der Ausführung von Starkstromanlagen beauftragt. Der Baubeginn war für Juni 2018 vorgesehen, verzögerte sich jedoch aufgrund fehlender Ausführungspläne und nicht rechtzeitig erbrachter Vorleistungen anderer Gewerke. Diese Behinderungen führten dazu, dass der ursprünglich vereinbarte Bauzeitenplan mehrfach angepasst werden musste. Der Auftraggeber übermittelte dem Auftragnehmer geänderte Bauablaufpläne mit neuen, verlängerten Ausführungsterminen. Daraufhin forderte der Auftragnehmer eine Mehrvergütung für die verlängerte Bauzeit und stützte seine Forderung auf § 2 Abs. 5 VOB/B. Er argumentierte, dass die Übersendung der geänderten Bauablaufpläne durch den Auftraggeber als "andere Anordnung" im Sinne dieser Vorschrift zu werten sei, wodurch ein Anspruch auf Vergütungsanpassung entstehe. Der Auftraggeber lehnte diese Forderung jedoch ab.
Entscheidungen des KG und OLG Brandenburg
Bis zur Entscheidung des BGH war in der Rechtsprechung und -literatur umstritten, ob die Übermittlung geänderter Bauablaufpläne durch den Auftraggeber als "andere Anordnung" im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B zu werten ist. Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte beispielsweise entschieden, dass die Mitteilung einer Bauzeitverschiebung eine Anordnung zur Leistungsänderung im Sinne von § 2 Abs. 5 VOB/B darstellt, wodurch ein Anspruch auf Vergütungsanpassung entstehen könne. Ebenso hatte das Kammergericht vertreten, dass sich in solchen Fällen der Anspruch auf einen Bauzeitennachtrag aus § 2 Abs. 5 VOB/B ergebenen könne.
Entscheidung des BGH
Der BGH hat dieser Auffassung nun ausdrücklich widersprochen. Er stellte klar, dass eine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Auftraggebers voraussetzt, mit der eine einseitige Änderung der Vertragspflichten des Auftragnehmers bewirkt wird. Dabei bezieht sich der BGH auf die allgemeine Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB und bestätigt seine frühere Rechtsprechung. Entscheidend ist dabei der Inhalt der Erklärung oder des Verhaltens des Auftraggebers. Informiert der Auftraggeber den Auftragnehmer lediglich über die Auswirkungen einer Behinderung auf den Bauablauf, stellt dies keine Anordnung im Sinne des § 2 Abs. 5 VOB/B dar. Ebenso wenig ist die Übermittlung von Bauablaufplänen als Anordnung zu werten, wenn sie lediglich auf behinderungsbedingte Störungen des Vertrags reagieren und zeitliche Konkretisierungen im Hinblick auf verlängerte Ausführungsfristen enthalten.
Fazit
Die Entscheidung des BGH sorgt für mehr Klarheit im Umgang mit Bauzeitennachträgen. Eine reine Terminplananpassung oder eine Information über Bauzeitverschiebungen stellt noch keine „andere Anordnung“ dar und kann daher keine Vergütungsanpassung nach § 2 Abs. 5 VOB/B begründen. Insofern können Auftraggeber beruhigt sein, dass ihre rechtzeitige Information über eine Bauzeitverschiebungen und die entsprechende Anpassung der Terminpläne als „andere Anordnung“ zu verstehen ist und sich daraus ein Mehrvergütungsanspruch des Auftragnehmers begründen lässt. Gleichzeitig sind Auftragnehmer nun weiterhin gezwungen, ihren Anspruch stattdessen auf die üblichen Rechtsgrundlagen wie § 6 Abs. 6 VOB/B oder § 642 BGB zu stützen, um etwaige Ansprüche aufgrund einer Bauzeitenverzögerung geltend zu machen.