Newsletter Bau Juli 2022

OVG Berlin Brandenburg – Ermittlung der Ausgleichsbeträge in den Sanierungsgebieten Prenzlauer Berg-Kollwitzplatz und Pankow-Wollankstraße rechtmäßig

Nachdem für das ehemalige Sanierungsgebiet „Spandauer Vorstadt“ in Berlin-Mitte das OVG die dortigen Sanierungsausgleichsbescheide vollständig aufgehoben hatte (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 10.07.2017 – OVG 2 B 7.16), weil bei der Berechnung der Höhe des Sanierungsausgleichsbetrages auch nicht auf die Sanierung zurückzuführende Umstände (sogenannte „wendebedingten Effekte“) berücksichtigt worden seien, beschäftigte sich das OVG nunmehr mit der Erhebung von Ausgleichbeträgen in den Sanierungsgebieten „Kollwitzplatz“ im Prenzlauer Berg und „Wollankstraße“ in Pankow.

Die entscheidende Frage: Gab es auch am Kollwitzplatz bzw. in der Wollankstraße wendebedingte Effekte, die zu einer Bodenwertsteigerung geführt haben und dementsprechend bei der Erhebung des Sanierungsausgleichsbescheids zugunsten der Grundstückseigentümer:innen berücksichtigt hätten werden müssen?

Keine wendebedingten Effekte in den Sanierungsgebieten „Kollwitzplatz“ und „Wollankstraße“

Das OVG Berlin-Brandenburg musste diese Frage gleich in drei Berufungsverfahren entscheiden (OVG 10 B 2.19; 10 B 3.19; 10 B 6.19). Das Ergebnis: die Sanierungsausgleichsbescheide sind rechtmäßig. Am Kollwitzplatz und in der Wollankstraße habe es keine wendebedingten Effekte gegeben. Wie bereits für das ehemalige Sanierungsgebiet „Helmholtzplatz“ (OVG 10 2 441.18) stellte das OVG fest, dass weder am Kollwitzplatz noch in der Wollankstraße ohne die Sanierungsmaßnahmen mit Bodenwertsteigerungen aufgrund privater Investitionen zu rechnen gewesen wäre. In der „Spandauer Vorstadt“ lag das Verhältnis von öffentlichen und privaten Finanzmitteln bei 1 zu 7, während es im Sanierungsgebiet „Wollankstraße“ umgekehrt bei 3 zu 1 lag. Beiden Sanierungsgebieten fehle es außerdem an der stadträumlichen Lage im Zentrums Berlin und der historischen Bausubstanz. Kurzum: die Spandauer Vorstadt ist und bleibt ein historischer Sonderfall. Im Übrigen sei auch die rechnerische Ermittlung des Sanierungsausgleichsbetrages rechtmäßig gewesen. Trotz Steigerung des Bodenwertes von bis zu 80,00 € pro qm erhob das OVG keine Einwände gegen die hier erfolgte Berechnungsweise.

Ausblick

Viele Grundstückseigentümer:innen hatten gehofft, mit dem Verweis auf die wendebedingten Effekte und einer möglicherweise fehlerhaften Anwendung der Zielbaummethode die Aufhebung oder jedenfalls die Reduzierung ihrer Sanierungsausgleichsbescheide zu erwirken. Allein bei der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts sind noch 157 Verfahren anhängig, die das Gericht jetzt durch einen speziellen Kostenvergleichsvorschlag erledigen möchte. 

Die drei Urteile des OVG bedeuten jedoch nicht, dass eine einzelfallbezogene Überprüfung der Sanierungsausgleichsbescheide vollkommen aussichtslos ist. Die Urteilsbegründungen geben vielmehr eine gute Richtlinie an die Hand, mit der Sanierungsausgleichsbescheide auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden können. Finden sich keine anderen als die vom OVG zurückgewiesenen „Fehler“, ist eine Beendigung der anhängigen Verfahren durch Kostenvergleich sinnvoll. In Anbetracht der Tatsache, dass in den nächsten Jahren weitere Sanierungsgebiete aufgehoben werden (u.a. 2026: Aufhebung des Sanierungsgebiets „Müllerstraße“), sind die oberverwaltungsgerichtlichen Erwägungen sowohl für die betroffenen Grundstückseigentümer:innen als auch für die Bezirksämter von wichtiger Bedeutung.

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