Newsletter Abfall Mai 2023

Rahmenvorgabe bestätigt - Verwaltungsgericht Braunschweig hält umfassende Umstellung auf gelbe Tonne für rechtmäßig

Die flächendeckende LVP-Erfassung mittels gelber Tonne kann durch den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) per Rahmenvorgabe angeordnet werden – es kommt jedoch auf die Verhältnisse im Einzelfall an (Verwaltungsgericht Braunschweig, Urteil vom 23.02.2023, Az.: 4 A 213/21). Das Urteil erfolgte nur zwei Wochen nach einer ähnlich lautenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße (besprochen in der März-Ausgabe des [GGSC] Abfall-Newsletters).

Gericht weist Vorbringen der Systeme zurück

Es zeichnet sich eine örE-freundliche Auslegung des § 22 Abs. 2 VerpackG bei den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten ab – zumindest hinsichtlich der Umstellung von gelbem Sack auf gelbe Tonne. In der Stadt Salzgitter waren Abstimmungsverhandlungen über die Einführung einer Tonnensammlung gescheitert, woraufhin eine entsprechende Rahmenvorgabe erlassen wurde. Das VG Braunschweig beurteilte die Rahmenvorgabe als rechtmäßig und entkräftete nachvollziehbar und zutreffend die Argumente des klagenden Systems:

Das System hatte u.a. behauptet, die Rahmenvorgabe sei zu unbestimmt, da die Rahmenvorgabe keine Angaben zur Anzahl der benötigten gelben Tonnen machte. Wie zuvor bereits das VG Neustadt an der Weinstraße wies auch das VG Braunschweig diesen Einwand als unzutreffend zurück.

Das System hatte zudem vorgebracht, dass durch die Einführung der Tonnensammlung eine Kostensteigerung von 48 % zu erwarten sei. Das Gericht erachtete die Rahmenvorgabe, entgegen dem Vorbringen des Systems, als nicht wirtschaftlich unzumutbar: Zum einen habe das System nicht nachvollziehbar vorgetragen, wie es zu dieser Steigerung kommen soll. Zum anderen ist nach dem Gericht die Argumentation der Systeme unzutreffend, die Anschaffungskosten für die Tonnen seien nur für den dreijährigen Rhythmus der LVP-Ausschreibung zu bemessen. Vielmehr seien die Anschaffungskosten auf die Lebensdauer der Tonnen (10 bis 15 Jahre) umzulegen. Damit kann die lange Verwendungsdauer der Tonne weiter an Relevanz in den Verhandlungen mit den Systemen gewinnen.

In seinen Ausführungen zu den rechtlichen Vorgaben der Geeignetheit der Tonnensammlung, eine möglichst effektive und umweltverträgliche LVP-Erfassung sicherzustellen, vertritt das Gericht erfreulicherweise ähnliche Positionen wie das VG Neustadt an der Weinstraße: Durch die Umstellung der Sammlung von gelben Säcken auf gelbe Tonnen werde das Ziel der Umweltverträglichkeit durch eine erhebliche Reduzierung der Standortverschmutzungen gefördert. Weiterhin sei bei Umstellung des Sammelsystems auf gelbe Tonnen eine Erhöhung der Sammelmenge an LVP zu erwarten.

Einzelfallbetrachtung erforderlich

Dennoch stellt das Gericht bereits in seinen ersten zwei Leitsätzen klar: Es kommt auf den Einzelfall an. Die mit den unterschiedlichen Erfassungssystemen einhergehenden Vor- bzw. Nachteile hingen wesentlich von den örtlichen Verhältnissen der jeweiligen Erfassungsgebiete ab. Insbesondere könne die Unterscheidung von städtischen zu ländlichen Gebieten eine Rolle spielen. Folglich ist es für örE empfehlenswert, Nachteile der Sackerfassung über einen längeren Zeitraum zu dokumentieren, um gegenüber den Systemen ausreichend Argumentationsmaterial zur Verfügung zu haben.

Ausblick

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit dem VG Braunschweig nun das zweite Verwaltungsgericht innerhalb kurzer Zeit viele standardmäßig von den Systemen gegen eine Tonnensammlung vorgetragene Argumente zum Teil aus rechtlichen, zum Teil aus tatsächlichen Gründen entkräftet hat. Das VG Braunschweig hat allerdings die Berufung gegen das Urteil unter Hinweis auf eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (§124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen, womit abzuwarten bleibt, ob eine eventuelle nächste Instanz den Argumenten des Verwaltungsgerichts folgen wird.

Das Verpackungsrecht steht im Übrigen auch auf dem Programm unseres Infoseminars (23.06.2023, 13:30 Uhr im Fachforum B: „Fokus Verpackungen: VerpackungsVO der EU und Update Abstimmungsvereinbarung“).

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