Newsletter Abfall März 2020

Tesla und der vorzeitige Beginn

Die am 13.02.2020 zugelassene vorzeitige Rodung des Kiefernwaldes für die geplante Elektroautofabrik („Gigafactory“) von Tesla in Grünheide in Brandenburg wurde vom OVG Berlin-Brandenburg am 16.02.2020 zunächst gestoppt, am 20.02.2020 aber doch gebilligt. Die Gründe dafür sind auf jede UVP-pflichtige Genehmigung einer Abfallbehandlungsanlage übertragbar.

Der vorläufige Baustopp des OVG fand ein großes Echo in Presse und Politik. Die Landesregierung in Brandenburg betonte, dass die Zulassung des vorzeitigen Beginns ein übliches Verfahren und keine Sonderbehandlung von Tesla sei. Andere verlangten eine Beschränkung des Klagerechts. Der klagende Umweltverband musste sich gegenüber Umweltschützern für die Klage rechtfertigen.

Vorzeitiger Beginn bei UVP-pflichtigen Vorhaben

Rechtlich ist die Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung einer Anlage in der Tat nichts Besonderes. Fraglich ist aber, ab welchem Zeitpunkt der vorzeitige Beginn bei einem UVP-pflichtigen Vorhaben genehmigt werden darf.

Bereits in einer Entscheidung zur Zulassung des vorzeitigen Beginns für ein Abfallentsorgungszentrum mit Müllheizkraftwerk in Augsburg von 1991 stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die für die Zulassung des vorzeitigen Beginns erforderliche Prognose, dass das Vorhaben genehmigt werden kann, in der Regel erst auf Grund des Ergebnisses des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens getroffen werden könne. Nur dann lasse sich beurteilen, ob berechtigte Einwände bestehen (Beschluss vom 30.04.1991, Az.: 7 C 35.90).

Darüber hinaus verlangt das EU-Recht für UVP-pflichtige Vorhaben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung grundsätzlich vor der Umsetzung des Vorhabens stattzufinden hat. Diese Anforderung darf durch die Zulassung des vorzeitigen Beginns nicht unterlaufen werden.

Bei der Gigafactory in Grünheide war zum Zeitpunkt der Zulassung des vorzeitigen Beginns am 13.02.2020 zwar die Auslegung der Unterlagen abgeschlossen. Die Einwendungsfrist läuft aber noch bis zum 05.03.2020. Nach der Zulassung des vorzeitigen Beginns sollten ca. 90 ha Wald bis dahin gerodet sein.

Waldrodung als Besonderheit der Autofabrik in Grünheide

Eine Besonderheit des Verfahrens für die Gigafactory ist, dass die UVP-Pflicht vor allem auf der geplanten Rodung von Wald beruht. Denn eine Rodung von mehr als 10 ha Wald unterliegt einer unbedingten UVP-Pflicht, während die übrigen Teilvorhaben – Autofabrik, Gießerei und Kraftwerk – nur nach einer Vorprüfung des Einzelfalls UVP-pflichtig wären.

Die Zulassung des vorzeitigen Beginns bewirkt somit, dass das eigentlich UVP-pflichtige Vorhaben der Rodung schon vor Ablauf der Einwendungsfrist abgeschlossen ist. Von daher ist also durchaus nachvollziehbar, dass das OVG zunächst Bedenken hatte, dass das Beteiligungsverfahren zur Farce werden könnte, wenn die Maßnahme bereits abgeschlossen ist, bevor die Einwendungen zugegangen sind.

Einzelfallbetrachtung

Die für die Zulassung des vorzeitigen Beginns erforderliche Prognose, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist, erfordert jedoch stets eine Einzelfallbetrachtung. Die Forderung, dass die Einwendungsfrist abgelaufen sein muss, ist insoweit nur eine Faustregel. Es mag durchaus Vorhaben geben, bei denen die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit so klar ist, dass auch vor Ablauf der Einwendungsfrist mit hinreichender Sicherheit beurteilt werden kann, ob das Vorhaben voraussichtlich genehmigungsfähig sein wird. Das war offenbar auch im Fall der Autofabrik Grünheide so, weshalb das OVG seinen vorläufigen Baustopp nach weiterem Sachvortrag wieder aufhob.

Fazit

Im Ergebnis ist der Fall Tesla deshalb kein Grund dafür, die Rechtsgrundlagen zu ändern. Allerdings würde sich sicherlich manch anderer Antragsteller (und wohl auch manche Genehmigungsbehörde) wünschen, auch sein Genehmigungsverfahren würde mit so viel behördlichem Einsatz unterstützt werden (können) wie das Tesla-Verfahren.

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