Newsletter Abfall März 2019

Untersagung gewerblicher „Bestandssammlungen“

Das VG Düsseldorf hat in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes die aufschiebende Wirkung gegen eine Ordnungsverfügung wiederhergestellt, mit der die untere Umweltschutzbehörde die Bestandssammlung eines gewerblichen Alttextilsammlers untersagt hatte (Beschl. v. 23.11.2018, Az.: 17 L 2870/18).

Sachverhalt

Ein gewerblicher Sammler beabsichtigte, seine bestehende Alttextilsammlung im Gebiet eines Landkreises – jährliche Sammelmenge ca. 100 Mg/a – auszuweiten und in den nächsten zehn Jahren 350 Mg/a Alttextilien zu erfassen (sog. „Bestandssammlung“). Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) führte zum Zeitpunkt des Eingangs der Sammlungsanzeige bei der unteren Umweltschutzbehörde noch keine eigene Sammlung von Alttextilien durch. Erst Monate später begann der örE, Alttextilien getrennt zu erfassen und zu verwerten. Mit der streitgegenständlichen Ordnungsverfügung hat die untere Umweltschutzbehörde dem gewerblichen Sammler die Ausweitung seiner Alttextilsammlung im Gebiet des Landkreises untersagt.

§ 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG nicht auf Bestandssammlungen anwendbar

Das VG Düsseldorf erachtete die auf Grundlage des § 18 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KrWG ergangene Ordnungsverfügung in mehrerlei Hinsicht als offensichtlich rechtswidrig. Die Untersagung könne nicht dahingehend mit entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen Interessen begründet werden, dass der gewerbliche Sammler Abfälle erfasst, für die der örE eine haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung durchführt (§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG). Die Regelung des § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG sei nicht auf Bestandssammlungen anwendbar. Der Einwand der Behörde greife nicht durch, die sog. „Irrelevanzschwelle“ sei überschritten, da der Berechnung des status quo bei rechtmäßig durchgeführten Sammlungen nicht die angezeigte Sammelmenge (hier: 350 t/a) hätte zugrunde gelegt werden dürfen. § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 KrWG betreffe ausschließlich die Konstellation, dass der örE bereits vor dem geplanten Marktzugang des gewerblichen Sammlers ein haushaltsnahes Erfassungssystem eingerichtet habe. Eine Bestandssammlung könne keinen negativen Einfluss auf die Funktionsfähigkeit der Sammlung eines örE haben, da sich dessen System auf die gewerbliche Sammlung bereits eingestellt habe bzw. eingestellt haben müsse.

Gefährdung der Gebührenstabilität nur in engen Grenzen

Dem VG Düsseldorf zufolge könne die Untersagung auch nicht damit begründet werden, dass die gewerbliche Sammlung die Stabilität der Gebühren gefährde. Auch § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 KrWG sei grundsätzlich nicht auf Bestandssammlungen anwendbar. Das Gericht lässt gleichwohl erkennen, dass eine Gefährdung der Gebührenstabilität unter zwei Voraussetzungen nicht ausgeschlossen werden könne: Zum einen müssten hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich die wesentlichen Auswirkungen der gewerblichen Sammlung auf die Gebührenkalkulation ergeben. Zum anderen müsste die Ursächlichkeit der konkret angezeigten gewerblichen Sammlung für die Gefährdung der Gebührenstabilität dargelegt werden.

In dem vom VG Düsseldorf zu beurteilenden Fall waren entsprechende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.

Kritische Würdigung

Die Entscheidung steht exemplarisch für eine Rechtsprechung, die die Regelungen zu gewerblichen Sammlungen faktisch leerlaufen lässt und damit einer Defacto-Liberalisierung das Wort redet.

Der Gesetzgeber hat deutlich zu erkennen gegeben, dass er nicht allein die bestehende öffentliche Erfassung schützen will, sondern auch eine künftige bzw. erst im Aufbau begriffene öffentliche Infrastruktur. Zugleich ist für die gerichtliche Prüfung der öffentlichen Interessen anzumahnen, dass auch für die weiteren Tatbestände des § 17 Abs. 3 Satz 3 KrWG ein Anwendungsbereich verbleibt. So muss für die Schutzgüter Gebührenstabilität und Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen jeweils ein Maßstab gewählt werden, der die stoffstromspezifischen gewerblichen Sammlungen im Verhältnis zu der betr. vom örE erfassten Abfallfraktion würdigt, nicht aber die gesamte Abfallentsorgung als Maßstab. Andernfalls wäre ein Entgegenstehen öffentlicher Interessen im Sinne von § 17 Abs. 3 KrWG bei jeder gewerblichen Sammlung, die kleine Stoffströme- wie z.B. Altkleider – betrifft, von vornherein ausgeschlossen.

[GGSC] unterstützt öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger umfassend bei der Durchsetzung der Überlassungspflichten und Sicherstellung der öffentlichen Interessen im Zusammenhang mit der kommunalen Entsorgung.

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