Newsletter Abfall April 2020

Corona-Krise: Eilentscheidungen und Beschlussfassung im Gemeinderat

Die Corona-Krise stellt Kommunen vor vielfältige Herausforderungen, die häufig schnelle Entscheidungen erfordern. Dies betrifft im Bereich der Abfallentsorgung – neben der kurzfristigen Schließung von Wertstoffhöfen oder dem Umstellen von Tourenplänen – aber vor allem Maßnahmen, die kein Geschäft der laufenden Verwaltung darstellen und regelmäßig einer zeitintensiven Beschlussfassung durch die jeweils zuständigen Gremien bedürfen (z.B. Einstellen von Aushilfspersonal, Vergabe von Dienstleistungen an Dritte).

Mit Rundschreiben treten einzelne Innenministerien der Länder an die Kommunen heran, um den Konflikt zwischen Eilbedürftigkeit und Einhaltung zwingender kommunalrechtlicher Vorschriften aufzulösen und die Funktionsfähigkeit der Kommunalparlamente in Zeiten der Corona-Krise sicherzustellen.

Durchführung von Sitzungen

Das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport (fortan: NMI) stellt in seinem Rundschreiben vom 19.03.2020 zunächst klar, dass Sitzungen der Kommunalparlamente nicht unter die behördlichen Veranstaltungsverbote fallen, die auf Grundlage des § 28 Infektionsschutzgesetz erlassen werden. Ein Zwang zur Durchführung von Gremiensitzungen bestehe gleichwohl nicht. Es liege im Ermessen der Kommunen, Gremiensitzungen (mit weniger dringlichen Inhalten) zurückzustellen, wobei ein Überschreiten der Dreimonatsfrist für die Einberufung der Kommunalvertretung in Zeiten der Corona-Krise unbeachtlich sei.

Dem NMI zufolge ist es dagegen unzulässig, die Öffentlichkeit vollständig von der Teilnahme an Sitzungen der Kommunalvertretung auszuschließen. Auch wenn Gründe des Gesundheitsschutzes dagegensprechen mögen, sei der Öffentlichkeit zumindest die Chance zur Teilnahme an den Sitzungen einzuräumen. Beschränkungen der Zuhörerzahl seien indes zulässig.

Beschlussfassung

In Abhängigkeit von Umfang und Dringlichkeit der Entscheidung stehen der Kommune im Einzelfall mehrere Möglichkeiten zur Umgestaltung des regulären Beschlussverfahrens in der Corona-Krise zur Verfügung.

Eilfälle

Für unaufschiebbare Angelegenheiten weist das NMI auf die Möglichkeit der Eilentscheidung hin, die bundesweit in allen Kommunalverfassungen vorgesehen ist. Dem NMI zufolge dürften Belange des Infektionsschutzes und Angelegenheiten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Auswirkungen des Coronavirus stehen, im Einzelfall eine Eilentscheidung rechtfertigen, wenn eine Entscheidung des Hauptausschusses nicht eingeholt werden kann und der Eintritt erheblicher Nachteile und Gefahren droht.

Übertragung von Angelegenheiten

Darüber hinaus sieht es das NMI als vertretbar an, vorübergehend wichtige, konkret bestimmte Angelegenheiten auf andere Vertretungsorgane der Kommune zu übertragen, die weniger personalintensiv sind und hierdurch das Infektionsrisiko in der Kommunalvertretung zu senken. Als Beispiele führt das NMI die Übertragung bestimmter Angelegenheiten von der Gemeindevertretung auf den Hauptausschuss an sowie die Absenkung von Wertgrenzen für die Vergabe von Aufträgen über Lieferungen und Leistungen. Einige Kommunen machen von diesen Möglichkeiten bereits Gebrauch.

Unzulässig ist dem NMI zufolge die Durchführung von Sitzungen der Gemeindevertretungen im Wege von Telefon- bzw. Skypekonferenzen bzw. die Beschlussfassung im Wege sog. „Umlaufbeschlüsse“. Diese sind im niedersächsischen Landesrecht lediglich im Hauptausschuss zulässig.

Pairing - Verfahren

Hingewiesen wird weiter auf das sog. Pairing Verfahren. Da zu erwarten sei, dass Mitglieder der kommunalen Vertretungen in erheblichem Umfang krankheits- oder quarantänebedingt nicht an Sitzungen der Kommunalparlamente teilnehmen könnten, sei zu empfehlen, dass die Fraktionen und Gruppen sog. Pairing Vereinbarungen treffen, um die Mehrheitsverhältnisse bei der Beschlussfassung zu wahren.

Landesrecht beachten!

Die in vorliegendem Beitrag dargestellten Vorschläge des NMI sind grundsätzlich auch für Kommunalparlamente in anderen Bundesländern von Relevanz. Auf etwaige Abweichungen im Kommunalverfassungsrecht der Länder sei indes ausdrücklich hingewiesen.

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