Interview 2

Neuregelungen zur Abweichung vom Einfügen in die nähere Umgebung nach § 34 BauGB

[GGSC] Rechtsanwalt Dr. Arne Gutsche im Gespräch mit Herrn Philipp Neubrandt, seit 2014 als Jurist im Stadtentwicklungsamt des Bezirksamts Treptow-Köpenick tätig und dort hauptsächlich mit Bauplanungsrecht und der Erarbeitung von städtebaulichen Verträgen befasst.

Neben Erleichterungen zur Befreiung von Festsetzungen bestehender Bebauungspläne soll das „Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung“ auch die Errichtung von Wohnungsbauvorhaben im unbeplanten Innenbereich nach§ 34 BauGB erleichtern. Zum einen kann künftig nach § 34 Absatz 3a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b BauGB vom Einfügenserfordernis auch bei der Erweiterung, Änderung und Erneuerung von Nichtwohngebäuden abgesehen werden, wenn dadurch neuer Wohnraum geschaffen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar gemacht wird. Des Weiteren kann parallel zur Neuregelung der Befreiung von Planfestsetzungen eine Abweichung vom Gebot des Sich-Einfügens in die nähere Umgebung in Zukunft nach § 34 Abs. 3b BauGB „in mehreren vergleichbaren Fällen“ erteilt werden. Auch hier ist dafür allerdings die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. Dabei stellen sich unter anderem folgende Fragen:

  • Was ist der konkrete Regelungsbereich der Neuregelungen angesichts der entsprechenden Anwendung der Befreiungsvorschriften für faktische Baugebiete und der allgemeinen Abweichungsmöglichkeit des neuen § 246e BauGB zugunsten des Wohnungsneubaus?
  • Entstehen durch die Lockerungen neue Konflikte darüber, welches Gebiet als nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB zu verstehen ist?
  • Welche Vorhaben werden dadurch tatsächlich vereinfacht?
  • Entfällt durch die Neuregelungen in vielen Fällen das Erfordernis, einen Bebauungsplan aufzustellen?
  • Werden die Bezirke die Neuregelungen eher als Arbeitserleichterung oder als Kontrollverlust wahrnehmen?
  • Steht eine Schwächung andere Schutzgüter wie Umwelt- und Nachbarschutz zugunsten der Linderung der Wohnungsnot zu befürchten? 

Wir freuen uns auf einen fachlich tiefgehenden Austausch im Rahmen des 19. [GGSC] Expert:innen-Interviews.

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