Newsletter Abfall Januar 2020

Verbot der Aufbringung von Klärschlamm auf Böden in Wasserschutzgebieten

Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass ein gesetzliches Verbot der Aufbringung von Klärschlamm auf land- bzw. forstwirtschaftlich genutzten Flächen in Wasserschutzgebieten einen Anspruch auf Ausgleichszahlung nach § 52 Abs. 5 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) begründen kann (Beschluss vom 29.11.2019 (Az.: BVerwG 7 B 1.19)).

Sachverhalt

Die Klägerin – ein auf Ackerbau spezialisierter landwirtschaftlicher Betrieb – begehrte von der Trägerin der örtlichen öffentlichen Wasserversorgung die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs dafür, dass sie auf den von ihr genutzten, in der Schutzzone III eines Wasserschutzgebietes gelegenen landwirtschaftlich genutzten Flächen seit dem 01.01.2011 keinen Klärschlamm mehr aufbringen darf. Gesetzliche Grundlage des Verbotes der Aufbringung von Klärschlamm war § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrW-/AbfG (heute: § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 KrWG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1, Ziff. 8 der Anlage zur Verordnung über Schutzbestimmungen in Wasserschutzgebieten (SchuVO).

Das Bundesverwaltungsgericht hat die von der Beklagten erhobene Beschwerde über die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen, nachdem das VG Hannover und das OVG Lüneburg die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach § 52 Abs. 5 WHG als gegeben angesehen und die Beklagte zur Zahlung eines finanziellen Ausgleichs verurteilt hatten (vgl. VG Hannover, Urteil vom 01.10.2014, Az.: 4 A 5365/13; OVG Lüneburg, Urteil vom 26.09.2018, Az.: 13 LC 204/14).

Anspruch auf angemessene Ausgleichszahlung gemäß § 52 Abs. 5 WHG

Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf angemessene Ausgleichszahlung ist § 52 Abs. 5 WHG. Mit der Ausgleichszahlung sollen wirtschaftliche Nachteile kompensiert werden, die dadurch entstehen, dass die ordnungsgemäße land- oder forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstückes durch eine Anordnung i. S. d. § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 WHG eingeschränkt wird. Nach § 52 Abs. 5 WHG kann ein Ausgleich aber nur unter der Voraussetzung verlangt werden, dass die Anordnung „erhöhte Anforderungen“ an die ordnungsgemäße Nutzung des Grundstückes stellt und dass keine Pflicht zur Entschädigung nach § 52 Abs. 4 WHG besteht.

In seinem Beschluss hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtsauffassung des OVG Lüneburg bestätigt, der zufolge das nach § 2 Abs. 1, Ziff. 8 der Anlage zur SchuVO ab dem 01.01.2011 geltende Verbot, Klärschlamm auf Böden in der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten aufzubringen, eine „erhöhte Anforderung“ i. S. d § 52 Abs. 5 WHG darstellt. Das Bundesverwaltungsgericht führt aus, dass die „erhöhte Anforderung“ an die ordnungsgemäße Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten darin liege, dass das Aufbringen von Klärschlamm zu Düngezwecken bis zum 31.12.2010 zulässig gewesen sei und die ordnungsgemäße Nutzung des Grundstückes durch das Verbot ab dem 01.01.2011 eingeschränkt wurde.

Nicht gefolgt ist das Bundesverwaltungsgericht der Argumentation der Beklagten, die Aufbringung von Klärschlamm auf Böden in der Schutzzone III von Wasserschutzgebieten sei bereits vor dem 01.01.2011 unzulässig gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht stellt in seinem Beschluss klar, dass die abfall- und wasserrechtlichen Regelungen kein entsprechendes Aufbringungsverbot enthalten und die Abfalleigenschaft von Klärschlamm für sich genommen nicht ausreichend sei, ein Aufbringungsverbot zu begründen.

Praktische Auswirkungen des Urteils voraussichtlich gering

Dass Eigentümer und Nutzungsberechtigte von land- bzw. forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken in Wasserschutzgebieten aufgrund der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vermehrt Ausgleichsansprüche gegenüber den Trägern der öffentlichen Wasserversorgung geltend machen, ist nicht zu erwarten. Die Entscheidung bildet den Schlusspunkt des Streites um die Auslegung von Rechtsvorschriften, denen zufolge die Aufbringung von Klärschlamm in Wasserschutzgebieten noch gestattet war. Mittlerweile ist die Auf- und Einbringung von Klärschlamm in Wasserschutzgebieten der Schutzzonen I, II und III jedoch bundesweit verboten (§ 15 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 AbfKlärV). Der praktische Anwendungsbereich des § 52 Abs. 5 WHG dürfte nunmehr auf Anordnungen beschränkt sein, welche Einschränkungen hinsichtlich der Aufbringung von Stoffen auf Böden in Wasserschutzgebieten betreffen, die dem Anwendungsbereich des Düngemittel- und Pflanzenschutzrechts unterliegen.

Stufenweise Einschränkung der Klärschlammverwertung ab 2029 und 2032

Hinzuweisen ist abschließend auf die ab dem 01.01.2029 bzw. 01.01.2032 geltenden Regelungen des § 15 Abs. 1a AbfKlärV, denen zufolge die Abgabe und das Auf- oder Einbringen von Klärschlamm aus Abwasserbehandlungsanlagen mit einer genehmigten Ausbaugröße von mehr als 100.000 Einwohnerwerten (ab 2029) bzw. 50.000 Einwohnerwerten (ab 2032) auf Böden nicht mehr zulässig ist. Auch auf diese Regelung ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht unmittelbar anwendbar, da das derzeit geltende Recht – über § 52 Abs. 5 WHG und dem hier nicht einschlägigen § 10 Abs. 2 Bundesbodenschutzgesetz hinaus – Klärschlammbesitzern keinen Anspruch auf Zahlung eines finanziellen Ausgleichs aufgrund erhöhter Anforderungen an die Bodennutzung gewährt.

[GGSC] berät regelmäßig Kommunen und kommunale Unternehmen im Zusammenhang mit den Anforderungen der AbfKlärV und in Fragen des Wasserrechts.

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