Newsletter Abfall Januar 2020

Das Schiedsverfahren im Verpackungsgesetz

Das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) ist seit nunmehr einem knappen Jahr in Kraft. Zeit für eine erste Zwischenbilanz der damals so vielversprechend anmutenden Neuerungen.

Eine der besagten Neuerungen war der im Rahmen von Verfahren zur Vergabe von Sammelleistungen den bietenden Entsorgungsunternehmen erstmalig eröffnete Rechtsschutz zur Überprüfung etwaiger Rechtsverletzungen in Form eines Schiedsverfahrens. Doch bei näherer Betrachtung der für die Durchführung eines solchen Verfahrens entstehenden Kosten verfliegt die anfängliche Freude über die auch für örE neugeschaffene Rechtsschutzmöglichkeit.

Kosten der Durchführung eines Schiedsverfahrens

Eine kurze Beispielsrechnung stellt die Kosten dar, die einen örE erwarten, der die Durchführung eines Schiedsverfahrens anstrebt. Nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung wird zunächst eine DIS-Bearbeitungsgebühr erhoben, die sich nach dem Brutto-Auftragswert berechnet und mit Einreichung des Antrags auf Durchführung eines Schiedsverfahrens zu zahlen ist. Bei einem Auftragswert von beispielsweise 3,9 Mio. € beliefe sich allein die Bearbeitungsgebühr auf rund 33.000 €, wenn drei Parteien am Verfahren beteiligt sind. Das bis dato noch nicht berücksichtigte Honorar zzgl. Zuschläge für lediglich einen Schiedsrichter beliefe sich auf zusätzliche rund 78.000 €. Damit lägen allein die Kosten für die zwei vorgenannten Positionen bei rund 111.000 €.

In dieser Summe sind die im Vergleich dazu verhältnismäßig geringen Rechtsanwaltskosten noch nicht berücksichtigt. Die Rechtsanwälte berechnen ihre Gebühren nach dem RVG und legen - entsprechend dem Nachprüfungsverfahren nach GWB - als Gegenstandswert lediglich 5 % der Brutto-Auftragssumme zugrunde, vgl. § 9 Abs. 5 Satz 3 SchiedsO. Bei einem Gegenstandswert von 195.000 € in unserem Beispiel beliefen sich die Rechtsanwaltskosten also auf ca. 5.600 € netto.

Zusammenfassend stellt sich das Schiedsverfahren schon allein für das Schiedsgericht als sehr kostenintensiv dar. Diesen Eindruck vermag auch der lediglich geringfügige wirtschaftliche Vorteil, dass es keine zweite Instanz gibt und insoweit keine weiteren Kosten anfallen können, nicht zu erschüttern.

Privatisierung des Rechtsschutzes

Weitere Fragen wirft die Neuregelung hinsichtlich ihrer Verfassungsmäßigkeit auf. Vor der Schaffung der gesetzlichen Regelung entsprach es etablierter Praxis, Schiedsklauseln im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung zu regeln. Der nunmehr neu geschaffene § 23 Abs. 9 VerpackG enthält eine exklusive Verweisung auf das Schiedsverfahren. Fraglich ist, ob sich der Staat damit seiner Verpflichtung entzieht, in sämtlichen Rechtsbereichen selbst ein qualifiziertes Verfahren zur verbindlichen Streitentscheidung bereitzustellen. In Art. 92 GG ist der Justizgewährungsanspruch verankert, der auf einen Rechtsschutz durch die vorhandene staatliche Gerichtsbarkeit ausgerichtet ist. Zwar begründet dieser Anspruch kein staatliches Rechtsprechungsmonopol, andererseits sollte es jedoch nicht ohne Weiteres möglich sein, das staatliche Gewaltmonopol durch Gesetz aushebeln zu können. Wenn aber der Gesetzgeber mit Vorgabe der Schiedsgerichtbarkeit in § 23 Abs. 8 und 9 VerpackG eine Privatisierung des Rechtsschutzes bewirkt, begegnet dies verfassungsrechtlichen Bedenken.

[GGSC] berät regelmäßig öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger in allen Fragen des Verpackungsgesetzes.

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