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[GGSC] Verfahrensinformation: Neonicotinoide von Bayer vor Gericht - mündliche Verhandlung beim Europäischen Gerichtshof

03.06.2020
© Aurelia Stiftung - Radetzki

Am 03.06.2020 war die mündliche Verhandlung im Rechtsstreit um das Teilverbot bienenschädlicher Neonicotinoide am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Die EU-Kommission hatte 2013 in mehreren Verordnungen die Genehmigungen für die Pestizidwirkstoffe erheblich eingeschränkt.

Das Gericht 1. Instanz in Luxemburg (EuG) bestätigte 2017 die Teilverbote für die Neonicotinoide Clothianidin (Bayer), Imidacloprid (Bayer) und Thiamethoxam (Syngenta).

Während Syngenta das Urteil des EuG akzeptiert hat, hat Bayer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingelegt.

[GGSC] Rechtsanwalt Dr. Achim Willand vertritt in den sehr umfangreichen Gerichtsverfahren (ca. 7.000 Seiten Prozessstoff) Imkerverbände als Streithelfer: Den Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbund (DBIB) und den Österreichischen Erwerbsimkerbund (ÖEIB). Die Intervention der Verbände zur Verteidigung des Teilverbots wird von weiteren Imker- und Umweltverbänden unterstützt. Die Aurelia-Stiftung koordiniert das Bündnis zum Schutz der Bienen.

Das EuG hat bestätigt, dass Genehmigungen für Pestizidwirkstoffe im Rahmen einer Überprüfung nach Art. 21 der Verordnung (EG) 1107/2009 eingeschränkt werden können, wenn ernsthafte Zweifel an ihrer Unschädlichkeit bestehen. Nach der Feststellung des Gerichts genügten die wissenschaftlichen Hinweise auf Risiken für Bienen, um die Maßnahmen der EU-Kommission zu rechtfertigen. In dem Verfahren sind erhebliche Defizite der Risikoprüfung bei Pestizidwirkstoffen aufgedeckt worden.

Das Gericht hat die Rechtsauffassung von [GGSC] zur Beweislast bestätigt: Wenn der begründete Verdacht besteht, dass ein genehmigter Pestizidwirkstoff schädlich sein könnte, bleibt es Sache der Hersteller, bei der Überprüfung der Wirkstoffgenehmigung Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass weiterhin sämtliche Genehmigungsanforderungen erfüllt sind.

Das Neonicotinoid-Urteil ist ein Meilenstein für den Insektenschutz in der industriellen Landwirtschaft. Nur nachweislich unschädliche Pestizidprodukte können ihre Genehmigung umfassend behalten, wenn sich Risiken herausstellen.

Bisher ist kein vergleichbarer Fall bekannt, in dem die Kommission die Vermarktung genehmigter Produkte von so großer wirtschaftlicher Bedeutung aus Gründen des Umweltschutzes derart weitgehend eingeschränkt hat.  

Bayer greift diese vom Gericht gesetzten Standards an. Der EuGH hat den Parteien Fragen gestellt, die heute in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden. Unter anderem fragt der Gerichtshof, ob die Risikoprüfung auf der Basis eines Leitfadens auf dem Kenntnisstand des Jahres 2010 hätte durchgeführt werden müssen. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat 2012 gravierende Mängel dieses Leitfadens hinsichtlich des Schutzes von Honigbienen, Hummeln und Wildbienen aufgedeckt.

Der nächste Schritt in dem Verfahren sind die Schlussanträge der Generalanwältin beim Gerichtshof. Mit einem Urteil des EuGH ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

Im April 2018 hat die EU ein noch weitergehendes Verbot dieser Neonicotinoide beschlossen, die künftig gar nicht mehr im Freiland eingesetzt werden dürfen. Das kommende Urteil des EuGH wird auch für die Beurteilung dieses weitgehenden Verbots maßgeblich sein.

Ansprechpartner:

Dr. Achim Willand (für juristische Nachfragen)

Anwalt des “Bündnis zum Schutz der Bienen”
Telefon: +49 (0)30 726 10 260
E-Mail: willand@GGSC.de

Thomas Radetzki
Geschäftsführender Vorstand
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