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[GGSC]: Entsorger und örE wären nach dem BEHG emissionshandelspflichtig

30.06.2020

Nicht die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen, sondern die Inverkehrbringer von Abfällen müssten nach dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) Zertifikate nachweisen. Das ist einem Grundlagenpapier der Rechtsanwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. (GGSC) zu entnehmen, das EUWID vorliegt. Das Mitte Juni entstandene Papier hatte die Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) in Auftrag gegeben.

In dem von den Rechtsanwälten Hartmut Gaßner und Georg Buchholz erstellten Grundlagenpapier heißt es, durch die Einbeziehung von Abfällen in das BEHG werde nicht der Betrieb von Abfallverbrennungsanlagen, sondern das Inverkehrbringen des Abfalls emissionshandelspflichtig. Nicht der Betreiber der Verbrennungsanlage, sondern jeder seiner Lieferanten müsste demnach Emissionszertifikate für die jeweils in Verkehr gebrachte Abfallmenge nachweisen. „Jeder Lieferant müsste einen Überwachungsplan erstellen, verschiedene Abfallströme mit unterschiedlichen fossilen Brennstoffanteilen und unterschiedlichen Emissionsfaktoren überwachen und über die in den Verkehr gebrachten Mengen berichten sowie Zertifikate kaufen und abgeben", schreiben Gaßner und Buchholz. Der Betreiber einer Siedlungsabfallverbrennungsanlage müsste dies weiterhin nicht, da die Anlage nicht dem europäischen Emissionshandelssystem unterliegt.

Emissionshandelspflicht für 750 örE sowie private Entsorgungsunternehmen?

Nach dieser Rechtsauffassung wären nicht die rund 100 Anlagenbetreiber nach dem BEHG emissionshandelspflichtig, sondern insbesondere die rund 750 öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (örE) in Deutschland sowie privaten Entsorgungsunternehmen. Darauf weist ZAK-Vorstand Jan Deubig in einem EUWID-vorliegenden Schreiben an die Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD) hin. Der Verweis auf die Inverkehrbringer von Abfällen entspricht der Systematik des nationalen Handelssystems, bei dem der Inverkehrbringer eines Brennstoffs wie Benzin, Diesel oder Heizöl zur Kasse gebeten wird und nicht derjenige, der den Brennstoff nutzt, also der einzelne Autofahrer oder Immobilienbesitzer. Verfahrensökonomisch ist das im Brennstoff-Markt effizient, weil nicht plötzlich Millionen Menschen mit Emissionszertifikaten handeln müssen, sondern nur vergleichsweise wenige Konzerne und Unternehmen.

Doch sind die Entsorger überhaupt die Inverkehrbringer der Abfälle? Hier ist noch eine andere Lesart möglich, die Baden-Württemberg in seinem Bundesrats-Antrag zur Aufnahme von Abfällen in den Geltungsbereich des BEHG anklingen lässt. Wörtlich heißt es in dem vom Umweltausschuss des Bundesrates beschlossenen Antrag: „Der Bundesrat spricht sich daher dafür aus, bei Abfallbrennstoffen die Berichtspflichten nicht beim Inverkehrbringer (Abfallerzeuger), sondern beim Verwender (Entsorger/Verbrenner) festzulegen." Begründet wird das mit den „sehr ausdifferenzierten Aufbereitungsstrukturen" in der deutschen Kreislaufwirtschaft, die teilweise als Inverkehrbringer der Brennstoffe anzusehen seien. Wer im Falle einer Einbeziehung des Entsorgungssektors in den Brennstoff-Emissionshandel berichtspflichtig ist und damit Zertifikate erwerben muss, ist rechtlich noch nicht klar und politisch noch nicht entschieden.

Doch abseits juristischer Spitzfindigkeiten dreht sich die politischen Debatte darum, der Müllverbrennung einen CO2-Preis zu geben – und nicht dem Hausmüll oder einer anderen nicht-recycelbaren Abfallfraktion. In einem EUWID vorliegenden Papier aus dem Bundesumweltministerium über die „Behandlung der Abfall-/Klärschlammverbrennung im BEHG" heißt es: „Die meisten Abfallverbrennungsanlagen in Deutschland nehmen auf Grundlage von Freistellungsbescheiden der Landesbehörden nicht am EU-Emissionshandel teil. Daher unterliegen sie nunmehr der CO2-Bepreisung durch das BEHG." Adressaten sind demnach eindeutig die Betreiber jener Abfallverbrennungsanlagen, die nicht am europäischen Emissionshandel teilnehmen – und das sind die meisten.