Newsletter Energie Januar 2024

Beschleunigung von Genehmigungsverfahren bei dem Vorliegen von GO-TO-Gebieten § 6 WindBG

Der Unionsgesetzgeber hat dauerhafte Verfahrenserleichterungen für die Genehmigung von Windparkprojekten nach der RED-III-Richtlinie vorgesehen. Der Bundesgesetzgeber hat diese Möglichkeit genutzt und versucht, über § 6 WindBG umzusetzen. Diese Entwicklung ist grundsätzlich zu begrüßen. In der Praxis stellen sich allerdings verschiedene noch nicht abschließend geklärte Fragen bei der konkreten Ausgestaltung eines beschleunigten Genehmigungsverfahrens.

Wesentliche Voraussetzungen für eine Beschleunigung nach § 6 WindBG - zu klärende Punkte, Herausforderungen in der Praxis

Die neuen Regelungen finden sich in § 6 WindBG. Der neue rechtliche Rahmen erschließt sich jedoch nicht ausreichend rechtssicher alleine aus dem Wortlaut der Vorschrift. Die Gesetzesbegründung hilft teilweise weiter. Immerhin hat das BMWK zusätzlich eine Vollzugshilfe veröffentlicht.

Der Gesetzgeber sieht nunmehr vor, dass bei WEA, für welche der Betreiber eine Genehmigung in ausgewiesenen Windenergiegebieten beantragt, keine Umweltverträglichkeitsprüfung oder artenschutzrechtliche Prüfungen nach § 44 BNatSchG durchgeführt werden müssen. Beide Verfahren nehmen regelmäßig viel Zeit und Geld in Anspruch. Es genügt dabei, dass der Bereich der WEA-Standorte erst zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung als Windenergiegebiet ausgewiesen ist.

Unabhängig davon kann eine FFH-Verträglichkeitsprüfung bzw. –vorprüfung gem. § 34 BNatSchG erforderlich sein.

Die Anwendbarkeit des § 6 WindBG setzt voraus, dass bei Ausweisung des Windenergiegebietes im Sinne des § 2 Nr. 1 WindBG bereits eine Umweltprüfung nach § 8 ROG oder § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt worden ist und das Windenergiegebiet nicht in einem Natura-2000 Gebiet, einem Naturschutzgebiet oder einem Nationalpark liegt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 WindBG).

Die Genehmigungsbehörde hat die inhaltliche Richtigkeit einer bereits durchgeführten Umweltprüfung nicht zu prüfen.

Die – fehlende – Prüfungstiefe kann sich aber anderweitig auf ein konkretes Vorhaben auswirken. Der Antragsteller hat auf der Grundlage vorliegender geeigneter Daten, die sich auch aus der Umweltprüfung ergeben können, ein Maßnahmenkonzept mit geeigneten und verhältnismäßigen Minderungsmaßnahmen auszuarbeiten und der Genehmigungsbehörde vorzulegen. Die Daten müssen explizit ausreichend räumlich genau und dürfen nicht älter als fünf Jahre sein. Liegen keine oder ungeeignete Daten vor oder mangelt es an geeigneten oder verhältnismäßigen Minderungsmaßnahmen, sind Geldzahlungen festzulegen. Die Geldzahlungen können allerdings einen erheblichen Umfang erreichen (bis zu 3.000,00 €/MW installierter Leistung).

Die Prüfung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nach § 44 BNatSchG verlagert sich somit auf die Ebene der in Frage kommenden Minderungsmaßnahmen. Hier bleibt für den Projektentwickler/die Betreibergesellschaft im Vorfeld eines Genehmigungsantrages genau zu prüfen, welche Unterlagen und naturschutzfachliche Informationen bereits vorliegen. Nicht selten sind die auf der Ebene eines Regionalplanverfahrens erhobenen Daten älter als 5 Jahre. Es bleibt dann zu überlegen, welche zusätzlichen Untersuchungen (wie z.B. eine Habitatpotentialanalyse) wirtschaftlich vertretbar sind, um ausreichend sicher die erwähnten Geldzahlungen ausschließen zu können. Die hängt auch davon ab, mit welcher Intensität ggf. – nach erster Prüfung - Verstöße gegen die Verbote gem. § 44 BNatSchG zu erwarten sind.

Die Regelung ist zeitlich begrenzt auf Anträge, die Betreiber bis zum 30.06.2024 gestellt haben (§ 6 Abs. 2 Satz 1 WindBG). Allerdings kann der Zeitpunkt für die Erteilung der Genehmigung nach diesem Zeitpunkt liegen. Es ist damit zu rechnen, dass diese Frist bis zum 30.06.2025 verlängert wird.

Eine nicht unerhebliche Herausforderung ergibt sich daraus, dass bei Stellung des Genehmigungsantrages noch offen sein kann, wann der Planungsträger ein Verfahren zur Ausweisung eines Windeignungsgebietes abschließen wird. Hier wird es entscheidend darauf ankommen, zusammen mit der zuständigen Genehmigungsbehörde festzulegen, wie in der Zwischenzeit bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Eignungsgebietes zu verfahren ist. Besonders schwierig wird es, wenn die Genehmigungsbehörde die Genehmigung bereits dann erteilen könnte, wenn noch keine Ausweisung eines Eignungsgebietes vorliegt. Der Gesetzgeber hat dafür in § 6 WindBG kein konkretes Vorgehen geregelt.

Fazit

Die nun dauerhaft verankerten Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung bei Windenergie-Vorhaben sind zu begrüßen. Es bleibt aber in jeden Einzelfall genau zu prüfen, für welches Projekt es aussichtsreich erscheint, den Weg einer Verfahrensbeschleunigung gem. § 6 WindBG zu wählen. Es erscheint – vor allem bei einer weit fortgeschrittenen Ausarbeitung der naturschutzfachlichen Unterlagen und Gutachten – ggf. vorteilhaft, sich gegen die Verfahrensbeschleunigung nach § 6 WindBG zu entscheiden und ein „normales“ Verfahren mit einer entsprechenden Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Weiterhin sollten Projektentwickler vor Einleitung eines Genehmigungsverfahrens nach § 6 WindBG prüfen, ob und welche (zusätzlichen) naturschutzfachlichen Untersuchungen realisierbar und wirtschaftlich vertretbar erscheinen, um bei sonst ggf. verbleibenden Untersuchungslücken zu erwartende hohe Geldzahlungen vermeiden zu können.

Co-Autorin: Rechtsanwältin Tessa Krabbe

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