Newsletter Energie Januar 2024

§ 11a EEG neu: Recht zur Verlegung von Leitungen

Neben der Sicherung von Netzanschlüssen wird auch die Realisierung von Anschlussleitungen und Verkehrswegen für die Projektentwickler von erneuerbaren Energieanlagen zunehmend problematisch. Um hier eine Erleichterung zu schaffen, will der Gesetzgeber mit § 11a EEG neu eine Duldungspflicht zur Verlegung und den Betrieb von Anschlussleitungen schaffen. Die Duldungspflicht orientiert sich dabei an Regelungen zum Stromnetz und Breitbandausbau.

Voraussetzungen der Duldungspflicht

Adressat der neuen Duldungspflicht sind Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte. Für die öffentliche Hand ist eine solche seit dem BGH-Urteil vom 11.11.2008 (vgl. KZR 23/07) anerkannt.

Der Anspruchsinhaber ist nicht notwendigerweise der Anlagenbetreiber, sondern der Betreiber der Leitung bzw. ein von ihm Beauftragter. Die Duldung bezieht sich auf die Verlegung der Leitung (bzw. auch Verkehrswege, vgl. § 11a Abs. 6 EEG) inklusive eines Schutzstreifens. Sowohl Anschluss- (§ 8 Abs. 1 bis 3 EEG neu) als auch Direktleitungen (§ 3 EnWG) können inklusive der Steuer- und Kommunikationsleitungen mithilfe der neuen Norm durchgesetzt werden.

Interessenkonflikte

In der Regel ist der Anspruch gerichtet auf den wirtschaftlich günstigsten Weg für die jeweilige Leitung. Notwendige Ausnahmen bestehen bei rechtlichen Vorgaben (bspw. aus anderen Rechtskreisen) und Härtefällen (Unzumutbarkeit, sonstige vorrangige Interessen). Diese der Anschlussaufgabe immanenten Interessenkonflikte müssen daher im Zweifel durch Abwägung gelöst werden. Dabei sind die Interessen der erneuerbaren Energieversorgung der betroffenen Anzahl von Personen und der Bedeutung der jeweiligen Aufgaben gegenüberzustellen.

Folgen der Duldungspflicht

Ausweislich der Gesetzesbegründung soll infolge der Duldungspflicht die ansonsten übliche dingliche Sicherung von Kabeltrassen entbehrlich werden. Hierzu wird gesetzlich fingiert, dass es sich bei den Leitungen und sonstigen Einrichtungen lediglich um Scheinbestandsteile des Grundstücks handelt (vgl. § 11a Abs. 1 S. 4 EEG).

Zudem ist die gesetzlich vorgesehene Entschädigung deutlich günstiger als die gegenwärtige Vertragspraxis. Gemäß § 11a Abs. 2 EEG soll die Entschädigung 5 % des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche betragen.

Eine Absicherung gegen Gefährdungen ist in § 11a Abs. 3 EEG ebenfalls vorgesehen. Die Duldung reicht zudem über den Betrieb der jeweiligen Leitungen noch 48 Monate hinaus (§ 11a Abs. 4 EEG). Für die etwaige Durchsetzung des Anspruches wird zudem der Eilrechtsschutz gemäß § 83 Abs. 2 EEG eröffnet (vgl. § 11a Abs. 5 EEG).

Bewertung

Die Vorschrift setzt in jedem Fall einen gewichtigen Impuls für eine kostengünstigere Durchsetzbarkeit notwendiger Trassen und Verkehrswege zur Realisierung von erneuerbaren Energieanlagen. Gleichwohl sind wir skeptisch, dass die bestehende Praxis des Abschlusses von Pachtverträgen in Verbindung mit Grunddienstbarkeiten hierdurch obsolet wird. Auch wenn der Regelungskanon des § 11a EEG bis hin zur Entschädigungsregelung nach erster Einschätzung auch verfassungsgemäß ist, bietet nur eine dingliche Absicherung absoluten Schutz gegenüber jedermann inklusive Konkurrenten.

Wir sehen daher in dem neuen § 11a EEG in erster Linie ein besonders in schwierigen Fällen wirksames Instrument, um die Durchsetzung schuldrechtlicher und dinglicher Regelungen für die Projektierung von Leitungen und Verkehrswegen für erneuerbaren Energien zu angemessenen Preisen zu erleichtern.

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