Newsletter Abfall Juli 2023

Technischer Arbeitsschutz in Genehmigungsverfahren

Gegenstand immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren für Abfallbehandlungsanlagen ist auch der technische Arbeitsschutz. Diesbezügliche Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen und andere Arbeitsmittel ergeben sich aus einem komplexen Regelungsgeflecht von nationalen und EU-Regelungen.

Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Abfallbehandlungsanlagen hat Konzentrationswirkung, sie schließt andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen mit wenigen Ausnahmen ein. Prüfgegenstand des Genehmigungsverfahrens sind deshalb neben dem Immissionsschutzrecht auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, wobei die Belange des Arbeitsschutzes in § 6 Abs. 1 BImSchG ausdrücklich erwähnt werden.

Arbeitsmittel, überwachungsbedürftige Anlagen und Produkte

Zu den Anforderungen des technischen Arbeitsschutzes gehören unter anderem die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) an Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln. Nach der BetrSichV hat der Arbeitgeber vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen in einer Gefährdungsbeurteilung zu beurteilen. Ferner muss er sicherstellen, dass näher bezeichnete überwachungsbedürftige Anlagen vor erstmaliger Inbetriebnahme, vor Wiederinbetriebnahme nach prüfpflichtigen Änderungen und im Rahmen wiederkehrender Prüfungen durch zugelassene Überwachungsstellen (ZÜS) geprüft werden.

Zur Konkretisierung der Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen und sonstige Arbeitsmittel verweist die BetrSichV in großem Umfang auf produktrechtliche Anforderungen. Diese wurzeln in unionsrechtlichen Regelungen wie der Maschinenrichtlinie, der Druckgeräterichtlinie oder der Niederspannungsrichtlinie. Diese Richtlinien werden durch nationale Produktsicherheitsverordnungen in deutsches Recht umgesetzt.

Das EU-Produktrecht enthält je nach dem Risikopotential von Produkten unterschiedliche Anforderungen an eine Eigen- oder Fremdüberwachung von Produkten, die in verschiedenen Modulen geregelt sind. Die Einhaltung der produktrechtlichen Anforderungen muss von den jeweils vorgesehenen Prüfstellen durch eine EU-Konformitätserklärung bestätigt werden.

Anforderungen in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen

Immissionsschutzrechtliche Genehmigungen enthalten vielfach arbeitsschutzrechtliche Nebenbestimmungen, in denen z.B. Nachweise für die Einhaltung der Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen und Arbeitsmittel verlangt werden. Diese Nebenbestimmungen werden den komplexen Regelungen nicht immer gerecht.

So verlangt das ineinander verschachtelte Immissionsschutz-, Arbeitsschutz- und Produktrecht eine präzise Unterscheidung zwischen den Begriffen und den Grenzen der immissionsschutzrechtlichen Anlage, der überwachungsbedürftigen Anlage nach dem Arbeitsschutzrecht und dem jeweiligen Produkt, beispielsweise der Maschine oder dem Druckgerät, nach dem jeweiligen Produktrecht. Während sich Forderungen nach Prüfungen vor Inbetriebnahme oder wiederkehrende Prüfungen durch ZÜS auf überwachungsbedürftige Anlagen und deren Grenzen oder näher bezeichnete Anlagenteile beziehen müssen, können EU-Konformitätserklärungen nur für die jeweiligen Produkte nach dem jeweils anzuwendenden Produktrecht verlangt werden. Da Produkte wie Dampfturbinen gleichzeitig Maschinen und Druckgeräte sein können, müssen ferner die jeweiligen Abgrenzungsregelungen beachtet werden. Sie können dazu führen, dass eine Dampfturbine zwar Bestandteil einer überwachungsbedürftigen Druckbehälteranlage ist, aber gleichzeitig einer EU Konformitätserklärung nach der Maschinenrichtliniebedarf.

Auswirkungen auf Ausschreibungen

Solche Nebenbestimmungen können ferner Auswirkungen auf die Ausschreibungen von Anlagen und Anlagenteilen und die Verantwortlichkeit der jeweiligen Auftragnehmer und des Auftraggebers haben. Liefert der Auftragnehmer ein einheitliches Produkt, ist es seine Aufgabe, eine EU Konformitätserklärung für das Produkt erstellen zu lassen. Wird das Produkt jedoch erst durch den Einbau verschiedener Komponenten verschiedener Lieferanten zu einem einheitlichen Produkt, gilt der Auftraggeber als Hersteller, der für die Ausstellung der EU-Konformitätserklärung verantwortlich ist.

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