Newsletter Energie Oktober 2021

Vorsicht beim Abschluss von Nutzungsverträgen für Windenergie- und Solaranlagen

Projektentwickler benötigen meist mehrere Monate oder sogar Jahre, um die für die Errichtung von Windenergie- und Solaranlagen erforderlichen Genehmigungen zu erhalten. Gleichzeitig lohnt sich eine entsprechende Vorfinanzierung nur dann, wenn die zukünftigen Betreibergesellschaften sich frühzeitig auch die Nutzungsrechte für die zukünftigen Anlagenstandorte sichern können. Allerdings steht dann bei Vertragsabschluss noch nicht fest, wann eine Errichtung und Inbetriebnahme der Anlagen stattfindet.

Die Betreibergesellschaften „reservieren“ sich somit regelmäßig die Flächen für den Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung bis zum Baubeginn/der Inbetriebnahme der Anlagen. Dafür kommen unterschiedliche Konstruktionen in Betracht. Die aktuelle Rechtsprechung hatte sich zuletzt mit diesen Themen befasst.

Herausforderungen bei der Flächensicherung

Der Abschluss von Nutzungsverträgen findet häufig bereits zu einem Zeitpunkt statt, indem noch keine Genehmigungen vorliegen. Teilweise ist dann noch völlig offen, ob die geplanten Anlagen überhaupt genehmigungsfähig sind (z.B. bei noch unter Bergaufsicht stehenden Kippenflächen, Flächen in Schutzgebieten oder mit besonderen Vorkommen geschützter Arten). Weiterhin kann auch die Sicherung der Einspeisemöglichkeit z.B. bei einem ggf. erforderlichen Netzausbau eine Realisierung verzögern.

Ein Weg besteht darin, für den Zeitraum bis zum Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen und sonstigen Realisierungsvoraussetzungen wie z.B. eine Einspeisezusage des Netzbetreibers (sog. Baureife) mit dem Grundstückseigentümer zunächst nur einen Vorvertrag abzuschließen. Dieser regelt die wesentlichen Vertragsdetails wie die Laufzeit, die Höhe der zu zahlenden Vergütung, mögliche Mitwirkungsrechte des Eigentümers bis zur Erteilung der Genehmigungen. Der Vorteil besteht darin, den Grundstückseigentümer nicht mit den umfangreichen Details eines finanzierungsfähigen Nutzungsvertrages (z.B. den sog. Bankenklauseln) zu überfordern. Die in einem Nutzungsvertrag auszuformulierenden Details werden in einem Vorvertrag nur stichpunktartig aufgeführt. Die Herausforderung besteht regelmäßig darin, den Vorvertrag so auszugestalten, dass alle aktuellen und zukünftigen wesentlichen Parameter bereits enthalten sind. [GGSC] hat entsprechende Vorverträge für verschiedene Konstellationen entwickelt, welche sich seit Jahren als Grundlage für eine sichere und erfolgreiche Projektentwicklung eignen.

Bei der Ausgestaltung der Nutzungsverträge versuchen die Parteien häufig den Beginn der Laufzeit an die Erteilung der Baugenehmigung, den Baubeginn oder sogar die Inbetriebnahme der Anlagen zu koppeln. Hintergrund ist, dass der Gesetzgeber als Grenze für die Laufzeit von Verträgen einen Zeitraum von maximal 30 Jahren vorgegeben hat. Allerdings beginnt diese Frist erst ab Übergabe der Fläche zu laufen (vgl. § 544 BGB). Weiterhin sehen sich die Projektentwickler/Projektgesellschaften vor Baureife wirtschaftlich meist nicht in der Lage, bereits ein Nutzungsentgelt zu zahlen.

Aktuelle Vorgaben der Rechtsprechung zur Laufzeitregelung

Nach aktueller Rechtsprechung des OLG Hamm (Urteil vom 20.07.2020, 5 U 81/19) kann in bestimmten Konstellationen ein ordentliches Kündigungsrecht des Grundstückseigentümers in dem Zeitraum zwischen Vertragsunterzeichnung und Beginn der Errichtung einer Anlage, d.h. dem eigentlich vorgesehenen Beginn der Festlaufzeit gegeben sein.

Insoweit bleibt allerdings die besondere Konstellation des vom OLG Hamm entschiedenen Falles zu berücksichtigen. Dort hatten die Parteien vereinbart, dass die Laufzeit des Vertrages an sich erst ab dem Baubeginn einer Windenergieanlage beginnt. Das OLG Hamm sah darin die Vereinbarung einer (ungewissen) Bedingung. Aufgrund der weiteren vertraglichen Besonderheiten billigte das OLG Hamm dann dem Grundstückseigentümer im Ergebnis ein ordentliches Kündigungsrecht für den Zeitraum bis zum Baubeginn zu. Das OLG Hamm setzte sich dabei auch damit auseinander, wie der Nutzungsvertrag auszugestalten ist (z.B. außerordentlichen Kündigungsrechte des Eigentümers bei Nichtvorliegen einer Genehmigung bis zu einer bestimmten Frist, ggf. Zahlung einer Reservierungsgebühr) damit ein ordentliches Kündigungsrecht bereits ab dem Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung nicht mehr gegeben ist.

Dabei erkennt das OLG Hamm auch ausdrücklich an, dass eine Projektgesellschaft regelmäßig eine längere Vorbereitungsphase bis zur Baureife zu bewältigen, gleichzeitig jedoch bereits erhebliche finanzielle Aufwendungen zu leisten hat.

Fazit

Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Ausgestaltung der Vertragslaufzeiten sind gestiegen. Gleichzeitig haben sich die Zeiträume bis zum Vorliegen der Baureife (Genehmigungen) eher noch verlängert. Vor diesem Hintergrund sollte angesichts der jeweiligen spezifischen Besonderheiten eines Projektes überlegt werden, welche vertragliche Konstellation grundsätzlich (Vorvertrag/Nutzungsvertrag) und hinsichtlich der Vertragslaufzeit und ggf. einzuräumenden ordentlichen oder außerordentlichen Kündigungsrechte zu wählen ist.

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