Newsletter Abfall Januar 2020

Verpackungsgesetz – ein Jahr ist um!

Seit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes am 01.01.2019 ist zwischenzeitlich ein Jahr vergangen. Die kommunalen Belange der Mitwirkung bei der Ausgestaltung der LVP-Sammelstrukturen und der PPK-Mitentsorgung sollen nach § 22 VerpackG Gegenstand von Abstimmungsvereinbarungen sein. Vielerorts sind bislang solche Abstimmungsvereinbarungen nicht zustande gekommen.

PPK-Mitentsorgung

Ein Hauptstreitpunkt ist bundesweit bekanntlich die Verabredung der Konditionen für die Mitentsorgung von PPK-Verkaufsverpackungen. Die Systembetreiber zeigen sich bislang nicht bereit, den Forderungen der örE nach Berücksichtigung des sogenannten Volumenfaktors zu entsprechen, obwohl das Verpackungsgesetz den örE eine solche Vorgabe ausdrücklich zubilligt. Allerdings ist eine entsprechende Vorgabe nach dem Gesetz im Rahmen der Abstimmung einzubringen. Damit sind die örE gezwungen, auf Abstimmungsvereinbarungen zu drängen, die eine angemessene Berücksichtigung der Maßgaben für die Mitbenutzung der kommunalen PPK-Erfassung beinhalten. Das gelingt bislang eher selten.

Kompromissempfehlung

Die kommunalen Spitzenverbände und die Systeme haben sich angesichts des bereits mehr als zwei Jahre währenden Streits auf einen sog. Kompromiss verständigt, der aber vielfach, insbesondere auch vom VKU, kritisiert wurde. Die Kompromissempfehlung und eine entsprechend ausgestaltete Anlage 7 (neu) sieht vor, die Uneinigkeit zur Berücksichtigung eines sog. Volumenfaktors zu vertagen und für einen Übergangszeitraum bis Ende 2020 lediglich einen (gesteigerten) Massefaktor anzuwenden. Im Gegenzug sollen die Systeme auf eine Beteiligung an den Verwertungserlösen verzichten. Der dramatische Verfall der Verwertungserlöse in den letzten Monaten macht deutlich, dass der Erlöseinbehalt durch den örE den Verzicht auf eine angemessene Bezahlung der Mitbenutzung häufig nicht zu kompensieren vermag.

Gebührenrechtliche Bedenken gegen Kompromiss

Es bestehen gebührenrechtliche Bedenken, die deutlich verschobene Nutzung des PPK-Behältervolumens nicht in Ansatz zu bringen. Gebührenklagen wegen einer unzulässigen Quersubventionierung der Systembetreiber durch die Gebührenzahler müssen befürchtet werden. Hierzu liegen mehrere juristische Stellungnahmen vor. [GGSC] hat sich im Dezember 2019 zu den gebührenrechtlichen Maßgaben geäußert (vgl. [GGSC]-Stellungnahme: Der PPK-Kompromissvorschlag und der Nachweis der Angemessenheit des Mitbenutzungsentgeltes im Gebührenrechtsstreit).

Die Kompromissempfehlung begegnet auch deshalb einiger Kritik, weil sie eine befristete Übergangslösung für PPK, aber eine unbefristete Abstimmungsvereinbarung vorsieht. Dabei haben die Systembetreiber nach unserer Beobachtung bislang nicht von der Praxis Abstand genommen, § 12 Abs. 2 der sog. Orientierungshilfe einfach zu streichen, obwohl die kommunalen Spitzenverbände diese Bestimmung zum unverzichtbaren Teil des Kompromisses erklärt haben. § 12 Abs. 2 Orientierungshilfe sieht Regelungen für den Fall vor, dass eine Anlage 7 nicht oder nicht mehr Gültigkeit hat. [GGSC] rät insgesamt dringend davon ab, unbefristete Abstimmungsvereinbarungen einzugehen, solange nicht klar ist, wie die PPK-Mitentsorgung dauerhaft geregelt werden kann.

LVP-Sammelsystem

Der Abschluss von Abstimmungsvereinbarungen stockt in einigen Gebieten auch deshalb, weil eine Einigung zur Ausgestaltung des LVP-Sammelsystems nicht erzielt werden kann. Das VerpackG scheint in § 22 Abs. 2 „Wünsch-dir-was-Möglichkeiten“ für die örE zu eröffnen. Tatsächlich gibt es eine Reihe von Problemen bei Umstellungsvorstellungen der örE und die Zahl der Rahmenvorgaben als Vorlauf für entsprechende Abstimmungsvereinbarungen nimmt beständig zu. Die Systembetreiber haben erläutert, die LVP-Ausschreibungen für 2021 bis 2023 in zwei Tranchen (März/ Mai 2020) vornehmen zu wollen, um noch Verhandlungszeiträume zu eröffnen.

Ländervollzug

Die Länder sehen mit einiger Besorgnis eine drohende Entwicklung, wonach das vom Verpackungsgesetz spätestens zum 31.12.2020 geforderte flächendeckende Vorhandensein von Abstimmungsvereinbarungen in allen örE-Gebieten nicht eintreten wird. Die Länder haben daher in der LAGA Anfang Oktober 2019 Beschlüsse gefasst, sich dem Sachstand bezüglich der gesetzlich geforderten Abstimmungen anzunehmen und gegebenenfalls auch den Widerruf von Systemgenehmigungen nach § 18 Abs. 3 VerpackG zu prüfen. Die Systeme haben sich daraufhin ihrerseits an die Länder gewandt und ihre Sicht dargelegt, was den beklagten Zustand begründet (vgl. EUWID Heft 51/52.2019). Die Länder arbeiten an einer Antwort.

Die örE sollten sich nach Ansicht von [GGSC] mit dem zuständigen Landesministerium dazu austauschen, welche Angaben die Systeme zum Sach- und Verhandlungsstand i. S. Abstimmungsvereinbarung übermittelt haben.

Klagen gegen Neufestsetzung der Sicherheitsleistungen

Unstimmigkeiten zwischen den Systembetreibern und den Ländern zeigen sich auch bei der Neufestsetzung von Sicherheitsleistungen. § 18 Abs. 4 VerpackG sieht die Länder in der Pflicht, nicht zuletzt vor dem Hintergrund wiederkehrender wirtschaftlicher Schwierigkeiten bei einzelnen Systemen, deutlich erweiterte Sicherheitsleistungen zu fordern. Die Länder bereiten entsprechende Bescheide vor oder haben sie schon erlassen. In Bayern und NRW sind die entsprechenden Neufestsetzungen teilweise bereits beklagt. [GGSC] ist vom LANUV NRW mit der Prozessvertretung beauftragt.

Umorientierung steht aus!

Das Verpackungsgesetz hat eine Reihe von Neuerungen gebracht, aber die Handhabung ohne klare Zuweisung von Rechten und Pflichten den örE und den Systembetreibern überantwortet. Den Systembetreibern fällt es offenbar schwer, die gesteigerten Kosten gegenüber ihren Kunden durchzusetzen. Die Inverkehrbringer sehen sich nicht in der (Produkt)Verantwortung, den ersichtlichen Mehraufwand angemessen zu übernehmen. Die Systembetreiber stehen untereinander unter starkem Wettbewerbsdruck. Die örE können insoweit auch nicht helfen, indem sie Rechtsansprüche geltend machen; Systembetreiber und örE stecken in der Abstimmungsfalle. Das Verpackungsgesetz hat sich insoweit nicht bewährt. Es ist vielmehr ein Wahnsinn zu betrachten, welcher zeitliche und persönliche Aufwand auf allen Seiten für den Versuch erforderlich ist, eine volkswirtschaftliche Marginalie regulieren zu wollen.

[GGSC] Unterstützung 2020

Wir bieten weiterhin eine umfassende Beratung der örE bei der Umsetzung des Verpackungsgesetzes durch unser Expertenteam an. Wir unterstützen gerne Strategierunden in den Ländern und begleiten weiterhin den Strategiekreis (SK-V; Neumitglieder sind herzlich willkommen). Ein neues [GGSC] Intensivseminar findet am 12.03.2020 in Hannover statt (Einladung wird folgen).

Weitere Artikel des Newsletters

Spätestens ab dem 01.01.2021 gilt für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) § 2b UStG, der einen Systemwechsel der Besteuerung der öffentlichen Hand einleitet.
weiter
Unsicherheiten bei der Frage, inwieweit unbelasteter Erdaushub als Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes einzustufen ist und unter welchen Umständen von einem Ende der Abfalleigenschaft ausgegangen werden kann, stellen u.a. Deponiebetreiber vor erhebliche Herausforderungen im Zusammenhang...
weiter
Marktbeobachter wissen: aktuell lassen sich, wenn auch mit regional unterschiedlichen Entwicklungen, zum Teil nur geringe Erlöse mit Altpapier erzielen. In Einzelfällen wird aktuell sogar bereits eine Zuzahlung für die Verwertung von PPK verlangt.
weiter